Kulturgüter

Volksfeste. Auf dem einen: Gegröle und Schlager, verschüttetes Bier und ein minütlich wachsendes Schlägereipotential. Auf dem anderen: Stress am Autoscooter und hinter dem Hufschmied kotzt gerade einer aus seiner Ritterrüstung heraus. Dem Schaustellerbund zufolge gibt es jährlich 9 900 Volksfeste und mehr als 1 400 Weihnachtsmärkte in Deutschland, die von 233 Millionen Menschen besucht werden und einen Umsatz von 3,7 Milliarden Euro erwirtschaften. Dass der Schaustellerbund Volksfeste in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes aufgenommen wissen will, verwundert nicht, schließlich wird nirgendwo sonst deutsche Brauchtumpflege derart öffentlichkeitswirksam betrieben. Wie der Spiegel berichtet, werden zur Unterstützung der Bewerbung Videobotschaften von Politikern veröffentlicht, in denen sie ihre Erinnerungen an »gebrannte Mandeln oder an verlässliche Freunde, die einen auch nachts nach dem Schützenfest noch auf den richtigen Weg bringen« ausbreiten.   oko
Jobverteilung
Pro Quote Regie. Bis 2017 sollen 30 Prozent der Führungspositionen in der Medienbranche mit Frauen besetzt werden. Das fordert die Initiative Pro Quote. Ein gutes Vorhaben, dachten sich Filmschaffende und riefen eine eigene Initiative ins Leben: Pro Quote Regie fordert eine Quote für die Vergabe von Regieaufträgen und Fördermitteln. »Eine konsequente Gleichstellung von Frauen bei der Verteilung von Regieaufträgen ist ein wesentlicher Schritt, um Pluralität zu fördern«, heißt es in dem Aufruf. Derzeit werde in 85 Prozent der Kino- und Fernseh­filme »eine männliche Sicht auf die Welt inszeniert«. Die Initiative schließt sich den Forderungen von Pro Quote nach 30 Prozent bis 2017 an, bis 2019 sollen es 42 Prozent sein, 2025 soll die Hälfte der bundesweiten Fördermittel an Filme von Frauen vergeben werden. Dem Spiegel zufolge haben sich der Initiative bereits 170 Personen angeschlossen, unter ihnen auch die Regisseurin Doris Dörrie sowie die Schauspielerinnen Senta Berger und Veronica Ferres.   oko
Störenfried
Thom Yorke. Nein, auf so dumme Ideen wie U2, die vor kurzem jeden iPhone-Benutzer mit ihrem jüngsten Album belästigten, würde Thom Yorke niemals kommen. Dass der Sänger der Band Radiohead es aber versteht, mit seinem Vorgehen gerade in Bezug auf Entwicklungen der Musikbranche für Wirbel zu sorgen, zeigte sich in der Vergangenheit häufiger. 2007 konnte man für »In Rainbows« zahlen, was man wollte, 2013 kritisierte er lautstark Spotify. Und nun veröffentlicht der Künstler, dessen Kunst inzwischen hinter der Wirkung seiner irgendwie politisch gemeinten Aktivitäten zu verschwinden droht, ein Album in Partnerschaft mit dem Filesharing-Protokoll Bit Torrent. Moby und The Pixies haben ihre Alben dort kostenfrei vertreiben lassen, »Tomorrow’s Modern Boxes« von Yorke ist für knapp fünf Euro zu haben. Angaben des Unternehmens zufolge wird die Filesharing-Software von Bit Torrent von 170 Millionen Menschen benutzt. Aber solche Zahlen spielen für einen echten Störenfried wie Yorke natürlich keine Rolle.   oko
Seifenoper
Lindenstraße. Es gab mal eine Zeit, da fanden sich junge Studierende auf muffigen Sofas ein, um gemeinsam fernzusehen. Und damit ist nicht nur der »Tatort« gemeint. Nein, auch die »Lindenstraße« ­erfreute sich großer Beliebtheit, lange ist’s her. ­Anlässlich der 1 500. Folge der biederen Seifenoper fragt man sich nun: Wer zur Hölle guckt sich das eigentlich noch an? Von den einst zwölf Millionen Zuschauern sind lediglich etwa 2,7 Millionen übrig geblieben. Wer nicht vor Jahrzehnten eingestiegen ist, wird es nun auch nicht mehr tun.   oko