Unterminiert

Man kennt sich eben irgendwann ganz gut, wenn die Gruppe so übersichtlich ist. Doch das dürfte kaum als Entschuldigung für Norow Altanchujag reichen. Am Mittwoch vergangener Woche wurde der erst seit 2012 amtierende mongolische Ministerpräsident vom Parlament abgesetzt. Ihm wurden Vetternwirtschaft und Korruption sowie wirtschaftliche Inkompetenz vorgeworfen. 36 Abgeordnete, darunter Mitglieder seiner eigenen Demokratischen Partei (DP), hatten für seine Amtsenthebung gestimmt – das reicht im nur 76 Sitze zählenden Großen Staats-Chural, dem mongolischen Parlament, für ein Misstrauensvotum, zumal zehn Plätze bei der Abstimmung leer blieben. Das enorme Wirtschaftswachstum der Mongolei, das vor allem auf der Ausbeutung von Bodenschätzen beruht, ist zurückgegangen und die Inflationsrate steigt. Seit August 2013 ist der Ausbau der weltgrößten Kupfermine Oyu Tolgoi gestoppt, da die Regierung und der Bergbaukonzern Rio Tinto sich unter anderem nicht über die Finanzierung einigen können. Norow wird für die ökonomischen Einbußen verantwortlich gemacht und kritisiert, weil er die Zahl der Ministerien von 16 auf 13 reduzieren ließ, woraufhin sieben Minister zurücktraten und die Opposition seinen Rücktritt forderte.
Vermutlich empfindet Norow auch seine Absetzung als Sabotage. Auf die Verhaftung seines Hauptberaters und ehemaligen Ministers Gansukh Luumed wegen Korruption Ende Juli reagierte er mit dem Vorwurf, die Verhaftung sei Sabotage von Regierungsmaßnahmen, da Gansukh für ein Programm für Kohlesubventionen verantwortlich war, das vielen Menschen zugute gekommen sei. Gansukh soll Geld des Programms unterschlagen haben. Norow drohte, die Regierung werde sich weiterhin für die Bevölkerung einsetzen. Dabei hatte es gar nicht schlecht angefangen mit der DP, deren sozialdemokratischer Vorgängerpartei Norow 1990 beitrat. 2012 hatte die DP die Parlamentswahlen gewonnen und damit die seit 1921 fast ununterbrochen regierende Mongolische Volkspartei (MVP) abgelöst. 2008 hatten die Anhängerinnen und Anhänger der DP noch mit der »Jurtenrevolution« gegen Wahlfälschungen protestiert. Doch die Regierung hat es nicht geschafft, einen Haushalt zu verabschieden. Zuletzt lehnte das Parlament einen zweiten Entwurf Ende Oktober ab, da zu hohe Ausgaben geplant gewesen seien und die wirtschaftliche Entwicklung als zu positiv dargestellt worden sei.