Mut im Bus

Innerhalb von ein paar Stunden wurden sie in Indien zu Heldinnen. Dabei haben die zwei Schwestern nur mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass Nein eben Nein heißt. Pooja (19) und Aarti Kumar (22) warteten vergangene Woche im Distrikt Rohtak im nordindischen Bundesstaat Haryana auf den Bus, um vom College nach Hause zu kommen. Bereits an der Haltestelle hätten zwei Männer sie belästigt und Zettel mit ihren Telefonnummern nach ihnen geworfen, erzählte Pooja BBC Hindi. Die Frauen hätten die Männer aufgefordert, damit aufzuhören. Doch im Bus ging es weiter, die Männer machten obszöne Gesten und begrapschten Pooja. Eine Passagierin soll die Männer zunächst zurechtgewiesen haben, doch die meisten hätten nicht reagiert. Pooja und Aarti wehrten sich lautstark und drohten den Angreifern schließlich mit Schlägen. Daraufhin hätten diese einen Freund angerufen und gesagt, er solle helfen, ein paar Mädchen zu verprügeln. Nach dem Halt im nächsten Dorf waren die Angreifer so zu dritt. Als sie die Schwestern festhielten und schlugen, zog Aarti ihren Gürtel aus und begann, auf die Männer einzuschlagen.
Bekannt wurde der Kampf der Schwestern durch ein Video des Vorfalls, das eine schwangere Passagierin mit ihrem Handy festgehalten und ins Internet gestellt hat. Es verbreitete sich rasant in sozialen Medien und wurde auch im Fernsehen gezeigt. Unter dem Hashtag #RohtakBravehearts erhielten die Schwestern viel Zuspruch, selbst von wichtigen Politikern. Angeprangert wurde hingegen die Untätigkeit der meisten anderen Fahrgäste. Nun will der Gouverneur von Haryana Pooja und Aarti für ihren Mut am Tag der Republik am 26. Januar auszeichnen und versprach jeweils eine Belohnung von 31 000 Rupien (403 Euro). Auch die Schwangere, die den Vorfall filmte, soll ausgezeichnet werden. Die mutmaßlichen Angreifer wurden von der Polizei am Sonntag festgenommen. Der Busfahrer und der Kontrolleur sollen wegen unterlassener Hilfeleistung suspendiert worden sein.
Insbesondere seit der brutalen Vergewaltigung einer Studentin im Dezember 2012 in einem Bus in Delhi, die zu ihrem Tod führte, ist Gewalt gegen Frauen ein wichtiges Thema in Indien. Immer wieder gibt es große Proteste, Gesetze wurden verschärft. Der Vorfall zeigt aber auch, dass nicht damit gerechnet wird, dass Frauen sich wehren. Von Inderinnen werde erwartet, die täglichen Übergriffe zu ­ignorieren oder sich diskret zu entfernen, schreibt eine indische Journalistin. Selbst in dem Bus sei Aarti und Pooja davon abgeraten worden, sich zu wehren, schließlich könnten sie später Opfer eines Säureanschlags aus Rache werden. Es gehört eben doch noch großer Mut dazu, Grenzen und ein Nein durchzusetzen.