Aus der Fleischmühle

Ein gerngesehener Gast dieser Kolumne ist die Rügenwalder Mühle. Diese Dreistigkeit, diese vollkommene und wie von sich selbst besoffene Verlogenheit, mit der da einerseits Erntezeit, Landlust, Picknick und lachende Großmütter an die Front geschickt werden – und die zu Nahrungsbrei gewordene Tristesse jener im Supermarkt ausgestellten Fleischverarbeitungsreste, die traurig in Plastikschälchen vor sich hin gammeln, dieser Kontrast macht immer wieder staunen. Man kann ja über Dr. Oetkers Pizza-Burger viel sagen, aber wenigstens gibt die Werbung, mit ihren zwei sympathisch be­soffenen Schluris, nicht vor, er stamme aus ­einem goldenen Zeitalter, wo das Schlachten noch geholfen hat, sondern gibt sich ganz klar als Trash-Nahrung für Trash-Personen zu erkennen. Ab Februar trägt die Rügenwälder Fleischmühle noch mal eine dicke Schicht Marketing-Schminke auf: und vertickt die schon kaum mehr als Nahrung zu bezeichnenden »Mühlenfrikadellen« auch noch in einer vegetarischen Variante. So läuft jetzt durch die sieben Kreise der Rügenwalder Schlachthofhölle ein winziges Förderband mit Kügelchen aus Gemüseschrott, auf dass sich Nachhaltigkeit auf dem nun wirklich allerniedrigst denkbaren Niveau leben lasse. Aber der Deutsche, er liebt halt seinen Müll, er kann nicht von ihm lassen. Nicht umsonst gehören »Die Tafeln«, eine Organisation, die sich fürs Aufessen von Ab­fällen einsetzt, zu den erfolgreichsten NGOs des Landes. In der Bahn wurde ich unlängst Sitznachbar eines älteren Herrn im Fahrradtrikot, der nach dem Verzehr einer Banane die Schale anderthalb Stunden in der Hand behielt, wohl, weil er sie nicht ins Netz vor ihm pfriemeln wollte, liebevoll, ja schützend. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte auch sie verspeist.