Der Iran hat die Kontrolle im Irak übernommen

Verhängnisvolle Partnerwahl

Das iranische Regime kontrolliert mittlerweile große Teile des Irak und der Region.

Ali Khedery weiß, wovon er spricht, schließlich hat er fast ein Jahrzehnt als Berater diverser US-Botschafter im Irak gearbeitet. Der New York Times erklärte er kürzlich, der Iran habe de facto die Kontrolle in Bagdad übernommen. Der Irak sei kein souveräner Staat mehr, sondern werde von Qasem Soleimani und seinem Boss, Ayatollah Ali Khamenei, regiert. Und auch in Syrien, dem Libanon und im Jemen habe der Iran nun das Sagen.
Soleimani, der sich erst kürzlich wieder lachend mit schiitischen Milizführern an der Front nahe der irakischen Stadt Jalawla ablichten ließ, ist der Anführer der gefürchteten iranischen al-Quds-Brigaden und gilt als Mastermind iranischer Militär- und Terroroperationen. Auch das US-Außenministerium führt eine lange Akte über ihn und er steht ganz oben auf der US-Terrorliste.
Dieser Mann nun führt jene iranischen Interventionstruppen an, die Seite an Seite mit schiitischen und kurdischen Milizionären gegen den Islamischen Staat (IS) im Irak kämpfen. Und die US-Regierung schaut nicht nur tatenlos zu, wie der Iran seinen Einfluss in der Region ausdehnt – inzwischen dürfte etwa das Regime Bashar al-Assads in Syrien ohne finanzielle und militärische Unterstützung aus dem Iran kaum mehr überlebensfähig sein –, de facto behandelt sie das iranische Regime längst als Alliierten.
Als kürzlich bekannt wurde, dass die iranische Luftwaffe Stellungen des IS im Irak angreift, reagierte US-Außenminister John Kerry gelassen und bewertete den Vorgagng bei einem Treffen von Vertretern der Koalition gegen den IS in Brüssel gar als »positiv«. Man arbeite zwar nicht direkt mit dem Iran zusammen, erklärte ein Sprecher der US-Armee, aber es gebe gewisse Absprachen. Wie die aussehen, ist weitgehend bekannt: Zwischen den südlichen, von der mit dem Iran verbündeten Patriotischen Union Kurdistans (PUK) kontrollierten Gebieten Irakisch-Kurdistans und Bagdad übernimmt der Iran jene Rolle, die nördlich und westlich davon die USA spielen. Der Nord­irak ist so in zwei militärische Operationsgebiete geteilt.
Mag es auch keine offene Zusammenarbeit geben, schließlich ist der Iran (noch) kein offizielles Mitglied der Koalition gegen den IS, findet sie faktisch seit langem statt. Vor kurzem berichtete der Informationsdienst Stratfor, dass US-amerikanische, iranische und syrische Geheimdienste in Bagdad Informationen austauschten, auch die jeweiligen Luftwaffen dürften von den Einsätzen der je anderen wissen. Und indem die US-Regierung sich strikt weigert, gegen die Armee des syrischen Diktators und die mit ihm verbündete Hizbollah vorzugehen, kommt sie ebenfalls dem Iran entgegen.

Weniger gerne verweist man auf einen anderen Deal, der offenbar zwischen dem Iran und den USA gilt: Solange die US-Regierung den Iran gewähren lässt und nichts gegen Assad unternimmt, garantieren die Ayatollahs im Gegenzug, keine Terrorangriffe auf US-Soldaten durchzuführen. Längst ist bekannt, dass mindestens die Hälfte aller getöteten US-Amerikaner zwischen 2003 und 2011 im Irak auf das Konto des Iran und Soleimanis gingen. Dass sich Präsident Barack Obama mit dieser Zusage von einem Regime erpressen lässt, das dem Außenministerium zufolge der größte staatliche Förderer von Terror ist, stößt auch in den USA auf Widerspruch. Mit dem Iran den IS bekämpfen, sei, als stelle man den Brandstifter bei der Feuerwehr an, kritisierte etwa der republikanische Senator Mark Kirk die Politik der US-Regierung.
Vor Jahren schon hatte Ali Khedery Obama hellsichtig vor den Folgen des verfrühten Truppenabzugs der USA aus dem Irak gewarnt: Übergebe man das Land Ministerpräsident Nuri al-Maliki und damit dem Iran, werde es zu einem Bürgerkrieg kommen. Eine von den USA geduldete, wenn nicht gar geförderte Stärkung des Iran in der Region, warnt er heute, werde zu noch mehr und noch brutalerer konfessionalisierter Gewalt führen; es sei außerdem nur eine Frage der Zeit, bis der Konflikt auf weitere Länder übergreife. Wieder wird seine Kritik wohl ungehört verhallen und seine düstere Vorhersage eintreffen.