Knapp daneben

Es war eine Sensation, die Dietmar Koschmieder, Geschäftsführer der Jungen Welt, am vorigen Samstag in einem Artikel seines Blatts verkündete: Die Kultband »Pogues« würde für beinahe jeden Leser seiner Zeitung aufspielen. Koschmieder teilte nämlich stolz mit, dass das »hochkarätige Programm« der von ihm so gerne veranstalteten Rosa-Luxemburg-Konferenz »schon um 10.30 Uhr mit dem Auftritt der Punkfolker Pogues« begönne, »die durch die Räume ziehen werden und das Publikum in den großen Saal der Urania begleiten werden«. Hmm. Die Pogues, also: DIE POGUES sollen bitte was, um halbelf? morgens? achwas, frühmorgens? in Schöneberg? stalinistische? Rentner? bespaßen? Unschön wär’s.
Aber um das zu glauben, muss man schon nebenberuflicher Herausgeber des Fachblattes Melodie & Rhythmus sein, ein Organ, das etwa so groovt, wie sein Titel andeutet. Ein Blick ins offizielle Programm der Rosa-Luxemburg-Konferenz zeigt nämlich, dass es eine Berliner Kombo namens »The Pokes« ist, die Besucher des »Neujahrsauftakts der radikalen Linken im deutschsprachigen Raum« (Koschmieder) in den Sälen zusammentreiben soll, auf dass sie dort Hans Modrow und Oskar Lafontaine und weiteren Rednern dabei zuhören, wie sie über Themen wie »Frieden statt Nato« sprechen und natürlich auch ergriffen der Grußbotschaft von, richtig: Mumia Abu Jamal lauschen.
Aber wer zur Hölle ist diese Band? Im Konferenzprogramm steht über die Gute-Laune-und-voll-korrekte-Einstellungs-Kapelle Pokes: »Sound, Stimme und die Textinhalte bieten schon genug Alleinstellungsmerkmale, doch mit ihrer Bühnenpräsenz legen sie noch eine Schippe drauf.« Den Pogues mag man ja vieles vorwerfen: Alkohol, Lautstärke und nicht immer sauberes Treffen hoher Töne beispielsweise. Aber nie so etwas. Die Pogues sind große Welt, nicht junge.