Die olympischen Sommerspiele 2024? Für Berlin!

Sit-ups statt Start-ups!

Die Bundeshauptstadt braucht die olympischen Spiele viel dringender als Hamburg.

Berlin schläft nie. Das ist kein dröges Vorurteil, das ist ein von der Landlust erhobener Fakt – es kann aber auch die Zeit gewesen sein. Man kommt da immer wieder durcheinander mit diesen Zeitungen. Aber dass Berlin nicht schläft, das stimmt wirklich. Durch das Wort »nie« bekommt diese Schlaflosigkeit natürlich etwas Pathologisches. Und meist ist dieses Symptom ein Anzeichen für eine ernste Krankheit. Für den Kenner von Berlins Straßen ist die Ursache schnell ausgemacht. Es ist die fette Alkoholikerleber, die die Berliner nachts, am frühen Morgen, mittags und abends aus dem Schlaf boxt und sie um die Häuser schickt. Wenn die Synapsen zusätzlich wegen des Gebrauchs von E, Haze und Fishscale aussehen wie ein gescheitertes Werkunterricht-Projekt, bei dessen Entstehung Heißklebepistole und Zahnstocher viel zu schlimmen Sex hatten, dann ist das schon bedenklich. Man muss nur in das Gesicht von Klaus Wowereit blicken, um zu erkennen, wie sehr diese Stadt der Gesundheit ihrer Insassen zusetzt: Aus einem Clooney-artigen Antlitz ist eine unförmige Fratze aus altem Hefeteig geworden.

Doch nicht nur das: Berlin ist die einzige Stadt Deutschlands, die es schafft, dass Fahrradfahren wegen der Fahrradfahrer zur Gefahr für Leib und Leben wird. Verpeilte Typen auf Bonanzarädern und Edelboutique-Fixies rasen aus kleinen Gassen auf die Hauptverkehrsstraßen, als wäre das Leben ein »Jackass«-Film. Vor einigen Jahren sorgte eine Studie über die Bewegungsfähigkeiten von Kindern und Jugendlichen für ein riesiges »Aha«. Eltern und Journalisten sahen darin den Beweis, dass wir alle sterben werden. In der Studie ging es darum, dass der Nachwuchs dank Bewegungsmangel so unbeweglich geworden sei, dass ein Rentner mit Rollator alle 2005 ausgetragenen Bundesjugendspiele nacheinander und ohne Pause mit Auszeichnung hätte gewinnen können. Die getesteten Kids sollen sogar derart holzig gewesen sein, dass sie selbst das Rückwärtsgehen nicht mehr auf die Reihe gekriegt hätten.
Und natürlich sind diese Kinder und Jugendlichen mittlerweile erwachsen, sind nach Berlin gezogen, wo sie mit ihren dicken Hornbrillen – Fernseher und Computer machen schließlich die Augen kaputt – auf Fahrrädern eine solch schlechte Figur machen, dass man mit einer Charity-Aktion Stützräder besorgen will. Kein Wunder, dass im Berliner Nachtleben jeder Drogen nimmt: Wer wegen unkoordinierbarer Extremitäten nicht tanzen kann, der muss sich anderweitig beschäftigen. Hinzu kommen die Zonenkinder, die nie genügend Auslauf hatten – Stichwort: Mauer.
In Berlin ist es also schon fünf nach zwölf. Diese Stadt braucht eine historische Wende: Laufen statt Koksen, Schwimmen statt Saufen, Sit-ups statt Start-ups. Diese Stadt braucht Sport, ja sie braucht Olympia – und zwar dringend. Der Berlin-Marathon ist angesichts der Probleme schließlich nur ein Homöopathikum. Die Hauptstadt braucht das ganz harte Programm. Da hilft auch kein Flehen und Betteln. Hier muss die internationale Gemeinschaft ihre härteste Waffe im Einsatz für den Sport hinschicken: das IOC.

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat diese Sportwerbeveranstaltung hingegen so nötig wie Campino übersteigertes Selbstbewusstsein. Wer sich schon mal an der Alster mittags ein Bier aufmachen wollte, der weiß, dass hier ein strenges Regiment des Sports herrscht. Wenn der Kronkorken knallt, laufen plötzlich wie im Horrorfilmklassiker »Die Körperfresser kommen« neonbetuchte Jogger schreiend und mit ausgestrecktem Zeigefinger auf einen zu und geben zu verstehen, dass Bier nicht nur der Leber schade, sondern auch das sportliche Feeling Hamburgs zerstöre. Die Hanseaten sind wie ein Nike Air Max 2015: Windschnittig, schlank gebaut, kantig – und völlig überteuert.
Hier an der Elbe wurde schließlich der Outdoorlook erfunden. Hamburger sind immer bereit für den Einsatz an der Sportfront. Selbst beim Saufen auf dem Kiez ist der Sport allgegenwärtig. In kleinen In-Kneipen klackert ständig der Kicker. Ja, nämlich auch das haben die Hamburger perfektioniert: den Kneipensport. Nimmt man jetzt noch die Tatsache hinzu, dass es auf der Schanze und in St. Pauli keine Clubs von Weltruhm gibt und die besten Bars der Stadt ihre Türen für immer schließen, dann braucht es Olympia wirklich nicht. Sonst muss sich das IOC am Ende noch den Vorwurf gefallen lassen, ihre Spiele seien eine Verschwendung von Milliarden und nur zur Bereicherung weniger Funktionäre und Politiker gut. Und diesem Vorwurf wird sich das höchste Komitee der Welt des Sports nun wirklich nicht aussetzen lassen wollen. So heißt es für Berlin: Völker dieser Welt, schaut auf diese Stadt! Diese nesen und ein langes Leben haben.