Bilder als Waffe

Bilder sind Waffen. Sie verbreiten in Sekundenschnelle Angst und Schrecken, können schockieren und demoralisieren. Und sie sind damit oft effektiver als eine Kalaschnikow oder ein Raketenwerfer. Zumindest, wenn man sie im Propagandakrieg einsetzt. Genau das tut der »Islamische Staat«, seit die Terrormiliz sich aufgemacht hat, die »Ungläubigen« weltweit das Fürchten zu lehren.
In Echtzeit machen die Jihadisten deutlich, dass ihnen ein Menschenleben nichts wert ist. Sie enthaupten ihre Geiseln vor laufender Kamera und verbreiten sowohl die Demütigung als auch das Leid der Opfer in Internetvideos. Seht her, das widerfährt allen, die sich uns in den Weg stellen – welch monströse Botschaft.
Doch beim Köpfen wollen es die blutrünstigen Henker nicht mehr belassen. Vor kurzem verbrannten sie eine jordanische Geisel bei lebendigem Leib. Mit unfassbarer Bösartigkeit inszenierte Bilder zeigen den Todeskampf des Piloten Muaz al-Kasaesbeh – eingesperrt in einem Käfig. Vier Minuten dauern seine Qualen.
Sollen Medien über diese Hinrichtungen berichten? Sollen sie die Filme zeigen, die von der Grausamkeit der Extremisten zeugen? Der amerikanische Fernsehsender Fox News hat es getan. »Warnung, extrem drastisches Video« lautete die Überschrift, mit der die Zuschauer auf Muaz al-Kasaesbehs furchtbaren Tod vorbereitet wurden. Die Begründung lautete: Wir wollen dem Betrachter die Möglichkeit geben, sich selbst ein Bild von der Barbarei des »Islamischen Staates« zu machen. Ein Angebot also. Aber eines, das auf wenig Verständnis stieß. Viele Zuschauer beschwerten sich bei dem Fernsehsender, machten via Facebook und Twitter ihrem Unmut über den »beschämenden« Vorgang Luft.
Aber ist Fox News ein Vorwurf zu machen? Der Sender hat nur das getan, was seine Aufgabe ist: berichten. Man muss doch dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit Rechnung tragen, oder? Sicherlich, dafür sind Medien da. Aber eben nicht, um die Propaganda der mitleidslosen Schlächter zu verbreiten. Es bringt keinen Erkenntnisgewinn, die Erniedrigung der Ermordeten, ihre Qualen zu dokumentieren. Wer sie im Käfig oder mit einem Sack über dem Kopf vor dem Henker kniend zeigt, führt die Geiseln noch einmal vor. Und das völlig überflüssigerweise. Auch ohne Videos kann man auf das Töten mit Abscheu reagieren, es lauthals verdammen.
Nein, wir sollten uns keinesfalls zu Gehilfen der Mörder machen, indem derart brutale Botschaften über seri-öse Kanäle verbreitet werden. Wir dürfen uns nicht von den selbsternannten Gotteskriegern instrumentali-sieren lassen. Anderenfalls ginge ihr Kalkül auf, mit Hilfe der Medien überall Furcht zu säen. Dies gilt es zu verhindern. Das sind wir den Opfern schuldig. Um ihrer Würde willen.