Loch mit Zähnen

1996 erschien »Infinite Jest« in den USA, David Foster Wallaces eineinhalbtausend Seiten starkes Trumm über die amerikanische Unterhaltungskultur, an dem der Autor viele Jahre verbissen gearbeitet hatte. Danach wurde Wallace, Sohn einer grammatikversessenen Englischlehrerin, junger Tenniscrack, komplexbeladener, besserwisserischer College-Überflieger und früher Anonymer Alkoholiker, in einem Atemzug mit Thomas Pynchon, William Gaddis und Don DeLillo genannt – und stand noch stärker unter Druck.
Zum Verständnis dessen, wer David Foster Wallace war, trägt die sorgfältig recherchierte, so diskret wie einfühlsam geschriebene Biographie »Jede Liebesgeschichte ist eine Geistergeschichte« von D. T. Max erheblich bei. Was Wallace antrieb, ängstigte, was und wen er liebte, wie er sich vom naseweisen Postmodernisten zum reifen moralischen Autor wandeln konnte – D. T. Max hat viele Gespräche geführt und Informationen zusammengetragen. Erstmals erfährt der Leser davon, dass Wallace ein leidenschaftlicher Briefschreiber war. Sein großes schriftstellerisches Vorbild Don DeLillo fragte er flehentlich um Rat, wenn er sich künstlerisch mal wieder in einer Sackgasse wähnte. Am Ende aber ging gar nichts mehr. Das Antidepressivum schlug nicht mehr an. Die Depression, das »schwarze Loch mit Zähnen«, verschlang ihn. Kein Ausweg in Sicht. 2008 erhängte sich David Foster Wallace mit nur 46 Jahren.

D. T. Max: Jede Liebesgeschichte ist eine Geistergeschichte. David Foster Wallace – Ein Leben. Kiepenheuer & Witsch, 2014, 512 Seiten, 24,99 Euro