Schweinerock

Es gibt ein Recht darauf, deutschnational zu sein – so ein Satz dürfte in der Geschichte der deutschen Sozialdemokratie einzigartig sein, ebenso einzigartig wie das zuvor geäußerte Bedürfnis Sigmar Gabriels, bei Pegida mitzumarschieren. Umso mehr, als die Bewegung gerade in ihre Einzelteile zerfällt – und es politisch gar nicht mehr sonderlich opportun ist, ihr hinterherzulaufen.
Wer da jetzt noch mittut, hat den Schuss wirklich nicht gehört, und dass Gabriel von den Dummen noch einmal die Dümmsten mit abgreifen möchte, spricht noch einmal gegen ihn und seinen politischen Instinkt, ja gegen die Vernunft selbst. Was will dieser Mann eigentlich, was treibt ihn an? Er scheint von merkwürdigen heißen Trieben gesteuert, die rationaler Betrachtung gar nicht mehr zugänglich sind.
Ich habe ihn einmal live erlebt, bei einer Veranstaltung zur Buchmesse. Traditionsgemäß sprach zuerst der Gastgeber, bevor die Flügeltüren zum Büffet geöffnet werden sollten. Er begrüßte die Promis im Plenum, bat sie einzeln zu sich, auch den »Herrn SPD-Vorsitzenden, der uns heute Abend die Ehre gibt«. Nur: Gabriel kam und kam nicht. »Herr Gabriel ist anscheinend noch nicht eingetroffen«, sagte der Gastgeber knirschend und ließ eilig zum Bankett rufen. Wie sich aber die Türen öffneten, wer stand da allein am Büffet und schaufelte Roastbeef von einem kleinen Teller in den Schlund? Es war Sigmar Gabriel, und all jenen, die irritiert zu ihm in den Raum traten, warf er einen so verachtungsvollen wie selbstgewissen Blick zu: Ja, seht her, ich benehme mich daneben, ich bin so richtig neben der Spur, ich stopfe mich gerade voll wie nix – aber wisst Ihr was: Ich bin auch der fuckin’ SPD-Vorsitzende! Mir kann keiner was! Letztlich lebt er Politik wohl als Punkrock.