Schill grüßt den Drogenboss

Ronald Schill. Eine bizarre Wandlung scheint Ronald Schill durchgemacht zu haben, der sein neues Zuhause in der vergangenen Woche in der Auswanderer-Soap »Goodbye Deutschland« auf Vox vorzeigte. Untergekommen ist Schill in einer Favela in Rio, wo er eine Hütte erworben und ausgebaut hat. Die Richterpension macht’s möglich. Genauso angegammelt wie die Behausung wirkt sein Look, kurze Hosen, dazu ein schlammfarbenes Unterhemd, das aussieht, als rieche es. Als er in Hamburg noch was zu sagen hatte, als Richter und später Senator, wollte er mit eisernem Besen die Drogenszene wegfegen, wenn er in seinem neuen Kiez einem Drogenboss begegnet, grüßt er nach eigener Darstellung artig. Ansonsten kümmere er sich nicht um das, was in seiner Nachbarschaft passiert. In Deutschland sei er ständig in Sorge um die Menschen und die Gesellschaft gewesen, hier sei er lockerer geworden. Wenn mal eines der vielen Kinder vom Dach fällt, sei das eben »wie ’ne verspätete Abtreibung«.   Her
Who bought it?
Charlie Hebdo. Wer kaufte die letzte Ausgabe von Charlie Hebdo und warum? In Großbritannien, dem Mutterland des Kriminalromans, dort, wo die Wiege von Sherlock Holmes stand und alte Damen Posträuber zur Strecke bringen, schaut die Polizei gerne ganz genau hin. In dieser Tradition steht wohl auch die jüngste Polizeiaktion, bei der Zeitungskäufer und Kioskbesitzer ausgefragt wurden. Wie der Guardian berichtet, erkundigten sich Polizeibeamte in mehreren britischen Bezirken bei Zeitungsverkäufern nach den Namen und Adressen von Charlie-Hebdo-Käufern. Ein Vorgehen, das natürlich Fragen aufwirft. Die nächstliegende, was die Polizei mit der Maßnahme bezweckt, konnte sie selbst nicht beantworten. Wollte man potentielle Anschlagsopfer schützen? Oder hält man Charlie-Hebdo-Käufer für potentielle Attentäter? Und glaubt die Polizei ernsthaft, dass der Typ vom Zeitungsbüdchen weiß, wo seine Kundschaft wohnt? Sherlock Holmes hätte dazu vermutlich gesagt: »Soll ich chronologisch oder alphabetisch vorgehen?«   her
Der New Romantic
Steve Strange. Ohne die Sex Pistols wäre die Geschichte anders verlaufen. Möglicherweise hätte Steven Harrington niemals der walisischen Provinz den Rücken gekehrt, um fortan für Malcolm McLaren zu arbeiten – und dem Nachtleben von London seinen Stempel aufzudrücken. »Ein sicherer Ort für uns Freaks, um durch die Nacht zu tanzen«, sollte Boy George später über das Blitz und die berüchtigten Clubnächte sagen, die Harrington, der längst zum Paradiesvogel Steve Strange geworden war, ausrichtete. Mit »Fade To Grey« landete er 1981 einen Welthit. Über Harringtons Band Visage sagte Simon Reynolds, sie sei »eine Vereinigung von Punk-Gescheiterten, die einen zweiten Versuch unternahmen, Stars zu werden«. Mit dem Schmutz von Punk hatte die Szene der aufgerüschten New Romantics tatsächlich wenig zu tun. Nachdem Visage sich 1985 aufgelöst hatten, war Steve Strange ab 2004 mit Visage II aktiv. Im Alter von 55 Jahren ist er im ägyp­tischen Sharm El-Sheikh an einem Herzinfarkt gestorben.   oko
Frauen kriegen Flossen
Hobbys. Mermaiding ist das neue Töpfern. Rannten Frauen in den Achtzigern in die Volkshochschulen, um zu lernen, wie man sich aus einem Klumpen Lehm eine Teekanne zurechtbiegt, setzten sich in den darauffolgenden Jahrzehnten die fitnessorientierten Hobbys durch – als da waren: Yoga, Pilates, Bauch-Beine-Po und Zumba. Neuerdings gilt Schwimmen in einem Meerjungfrauenkostüm als extrem großartige Erfahrung. Es soll ein tolles Ganzkörpertraining sein, spirituell bereichern und gutes Geld soll man als Nixen-Trainerin auch verdienen können, denn die Nachfrage nach Mermaiding-Kursen scheint gewaltig zu sein.   her