Kiffen aus Protest

Während sich weltweit langsam die Erkenntnis durchsetzt, dass die Kriminalisierung von Cannabis in wirklich jeder Hinsicht unsinnig ist, hält einer tapfer die Fahne der Irrationalität und Repression hoch: Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) versucht, die bisherige, relativ liberale Regelung zu kippen, derzufolge in der Hauptstadt der Besitz von 15 Gramm Marihuana in der Regel nicht verfolgt wird. Die jahrelange rassistisch konnotierte Hetze gegen Drogendealer, die anständige Bürger und unschuldige Kinder aus den Parks verdrängen, muss schließlich belohnt werden. Seit dem 1. April gilt in Teilen Berlins eine Null-Toleranz-Regel – insbesondere im Görlitzer Park, auf den sich die Skandalpresse besonders eingeschossen hat. Auf Facebook wurde für den Stichtag prompt zum Kiff-in in dem Kreuzberger Park aufgerufen, ausdrücklich auch in Solidarität mit Refugees. 3 000 Freunde der Sportzigarette kündigten die Teilnahme an. Der Termin um 18 Uhr war zielgruppengerecht, da kann man gemütlich nach dem verlängerten Kifferfrühstück vorbeischauen. Bei eisigem Wind und Graupelschauern blieben dann aber doch viele lieber zu Hause, von 500 Teilnehmenden war später die Rede. Wahnsinnig aufregend war es auch nicht: Man stand oder saß herum, fror, ein paar Joints wurden geraucht, die Piratenpartei, die es in Berlin tatsächlich noch gibt, verteilte Longpapers, ein paar Pressefritzen versuchten, den Anwesenden O-Töne zu entlocken, die in mäßiger Stärke anwesende Polizei filzte vereinzelt Leute an den Parkeingängen und hielt sich ansonsten im Hintergrund. Reggae war nicht zu hören, der hat in Berlin ja traditionell einen schweren Stand – es ist halt doch nicht alles schlecht hier in der hippsten Stadt der Welt. Für den 14. Mai ist ein zweites Kiff-in angekündigt. Zwar wird auch das kaum reichen, um Henkel aus dem Amt zu jagen, aber vielleicht erlaubt es dann wenigstens das Wetter, gemütlich was zu kiffen, ohne dass einem die Finger abfrieren.