Tage des Zorns

Unverschämt, wie das Land lahmgelegt wird beziehungsweise ein Gewerkschaftschef mit dickem Ego (oder wahlweise kleinem Geschlechtsorgan) die Bundesrepublik in Geiselhaft nimmt – so sieht sie aus, die Solidarität der deutschen Massen mit Streikenden. Auf Twitter, der Internetplattform für Volkszorn aller Art, wurde entsprechend schon beim ersten Anzeichen, die Gewerkschaft der Lokführer könne zum Ausstand aufrufen, damit begonnen, die GdL und ihren Chef Claus Weselsky zu beleidigen und zu bedrohen, gern auch mit dem Argument, man selber verdiene ja nun auch nicht eben viel und sei trotzdem zufrieden; die Lokführer sollten doch bitteschön dankbar sein, dass sie überhaupt Arbeit haben. »Heißer Kandidat für das Unwort des Jahres: Weselsky«, twitterte Userin Hanne May und über die von Bild erfundene Bezeichnung »Quälselsky« amüsierten sich interessanterweise plötzlich auch diejenigen, die noch vor wenigen Wochen zum Bild-Boykott aufgerufen hatten und ansonsten gern in vielen, vielen Tweets über »die Lügenpresse« lamentieren. Zu ganz großer Form lief allerdings jemand namens Jan Leyk bei Facebook auf, der anscheinend dadurch berühmt wurde, dass er in der Vorabendserie »Berlin Tag und Nacht« mitgespielt hatte. Der Mann, der nach seiner Entlassung durch den entsprechenden Fernsehsender (Wikipedia zufolge erfolgte der Rausschmiss »aufgrund eines Videomitschnitts von häuslicher Gewalt gegenüber seiner damaligen Freundin«) singt und Klamotten entwirft, veröffentlichte ein längeres Facebook-Posting an die »Liebe GDL, Liebe Lokführer, Lieber Herr Hitl✱✱ … ..ähhhhh Weselsky«, in dem er seine Adressaten unter anderem als »verpimmelte Vollspasten« und »Ihr unter Alkohol entstandenen Fi✱✱fehler« bezeichnete, das nichts anderes sei als »faules, undankbares Halbzeller Pack«. Der Text brachte es auf 22 796 Likes.