Die Golfstaaten kämpfen auch im Jemen gegen den Iran

Autoritär ins Chaos

Die Golfstaaten kämpfen auch im Jemen gegen den Iran. Stabilität bringt ihr Engagement der Region nicht.

Die Hälfte der jemenitischen Bevölkerung leide inzwischen akuten Hunger und die bereits katastrophale Versorgungslage verschlechtere sich täglich, warnte kürzlich ein UN-Sprecher. Nahrungsmittel und Medikamente gelangten nicht ins Land, da die Häfen durch arabische Kriegsschiffe blockiert seien. Ob der Luftkrieg, den eine Allianz unter Führung Saudi-Arabiens im Jemen führt, bislang größere Erfolge vorzuweisen hat, ist zudem fraglich. Vielmehr verzeichnen die vom Iran unterstützten Houthi-Milizen und die mit ihnen verbündeten Truppen des ehemaligen jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh Geländegewinne, während Raketen auf saudischem Territorium einschlagen und die jemenitische Regierung im Exil in Riad an die »internationale Staatengemeinschaft« appelliert, mit Bodentruppen zu intervenieren.
Weder in Riad noch einer anderen Hauptstadt am Golf, wo derzeit diplomatische Lösungen und humanitäre Waffenstillstände vage diskutiert werden, gibt es aber Vorstellungen, wie die Zukunft des Jemen anders als die eines failed state aussehen könnte. Mächtige Verbündete, wie den Präsidenten Abd al-Fattah al-Sisi in Ägypten, die man finanziell und militärisch stützten könnte, gibt es weit und breit keine, und grundlegende Veränderungen, sollten sie im Jemen noch möglich sein, lehnen die Golfpotentaten aus eigenem Überlebensinteresse ab. Denn mindestens ebenso viel Angst wie vor dem Iran haben sie vor jeder Art des Wandels in ihren eigenen Ländern. Während sich etwa der neue saudische König Salman außenpolitisch als starker Mann aufführt, macht er zugleich Reformen rückgängig und stellt mit seiner Personalpolitik klar, dass sich an der bisherigen Verfasstheit der wahhabitischen Monarchie nichts ändern wird.
Entsprechend sieht die Außenpolitik der Golfstaaten aus. Sie unterstützen weiterhin islamistische Organisationen und spielen gegen den Iran die konfessionelle Karte. In Syrien etwa verzeichnet die von der al-Nusra-Front, einem Ableger al-Qaidas, angeführte »Armee der Eroberung« in letzter Zeit einige bedeutende militärische Erfolge, die wohl auch der intensivierten Unterstützung durch Saudi-Arabien, Katar und die Türkei zu verdanken sind. Den Iran und seine Alliierten in Syrien und im Jemen mag man mit solchen Verbündeten kurzfristig zurückdrängen, stabile Staaten lassen sich mit ihnen kaum aufbauen. Vom Chaos profitiert neben al-Qaida vor allem der Iran. Als politische Ordnungsmächte sind die autoritären Golfstaaten, deren Herrscher größtenteils nicht so fest im Sattel sitzen, wie sie es gerne täten, die falsche Adresse. Dadurch, dass sie weiterhin radikale sunnitische Islamisten unterstützen, mögen sie gegen den Iran punkten und vielleicht der US-Regierung, deren wohlwollende Haltung gegenüber dem Iran sie ebenso, wie es die israelische Regierung tut ablehnen, ein paar Zugeständnisse, vor allem Waffenlieferungen, abtrotzen. Die von Barack Obama vorangetriebene Annäherung der USA an den Iran werden sie dagegen kaum verhindern. Bei ihrem Versuch, deshalb das Schicksal der Region politisch und militärisch selbst in die Hand zu nehmen, werden die Golfstaaten wohl eher scheitern. Denn die Stabilität, die sie nun herbeizubomben versuchen, ist eine, die nicht mehr zu haben ist, nämlich die des Status quo vor 2011, vor Ausbruch des sogenannten arabischen Frühlings.