So geht’s nicht

»Wir sind die Träumer des Kapitalismus«, doziert der soignierte, silberhaarige Chef einer Werbeagentur auf seine junge Angestellte herunter. Und: »Arbeit ist Liebe, die sichtbar wird.« Dieser Corrina Park, die bei einem Meeting zur Werbekampagne eines Parfüms für neunjährige Mädchen zum allgemeinen Entsetzen den Spruch »Papa findet, ich rieche komisch« vorgeschlagen hat, muss der Kopf zurecht gerückt werden. Als wäre die asiatisch-amerikanische Ex-Literaturstudentin nicht schon angekotzt genug von der Leere ihres Jobs und Kollegen, die Strip-Clubs besuchen. Freundinnen hat sie keine, die einzige Ansprechpartnerin ist ihre Katze, die ihr die Verhätschelung mit Dauerfauchen dankt. Als Ausgleich und Rache am System hat Park sich aufs Klauen verlegt – allerdings mit Grundsätzen: nur Billiges in großen Ketten. Irgendwann ist für sie klar: So geht es nicht weiter. Die erste Graphic Novel des in Toronto lebenden Zeichners Michael Cho erinnert mit ihren Cinematischen Panels in schwarz-weiß-pink ein wenig an Adrian Tomines ebenso retro-charmante Skizzen amerikanischen Hipsterlebens, ist jedoch düsterer – und weniger ambivalent. Die Verkommenheit und Allmacht des Systems, das seine Akteurinnen in sellouts und wahre Künstlerinnen einteilt, ist schnell ausgemacht. Was jedoch der Freude an den Zeichnungen, die im melancholischen Film-Noir-Stil mal in grandiosen Totalen an Wolkenkratzer-Panoramen und dann wieder in expressiven Close-ups an Gesichtern entlangfahren, keinen Abbruch tut.

Michael Cho: Shoplifter. Mein fast perfektes Leben. Egmont Graphic Novel, Köln 2015, 96 S., 14,99 Euro