»Für Argumente dankbar«

Mehr als 60 Prozent der wahlberechtigten Iren stimmten am Wochenende für die Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Das Referendum sorgte weltweit für Beachtung. Auch hierzulande wird nun wieder über die Öffnung der Ehe für Homosexuelle diskutiert. Markus Ulrich, Pressesprecher des Lesben- und Schwulenverbands Deutschland, hat mit der Jungle World gesprochen.

Hat Sie der Ausgang des Referendums in Irland überrascht?
Ja. Der Ausgang war ein Anlass zur Freude, zumal es in den letzten Umfragen sehr knapp aussah. Zudem zeigt das Referendum, dass auch Menschen in einem mehrheitlich katholischen Land wie Irland keine Vorbehalte mehr gegen die Ehe für alle haben. Auch Glaubensvorstellungen können sich also ändern.
Dabei war die katholische Kirche jahrzehntelang ein Hauptgegner der Schwulen- und Lesbenbewegung.
Sie hat ihre Haltung zur Ehe für Homosexuelle nach wie vor nicht geändert. Aber die Gläubigen haben dies offensichtlich getan. Vielleicht erhöht das den Druck auf den Vatikan, sich zu verändern.
Gibt es neben dem Referendum weitere Anhaltspunkte dafür, dass gläubige Menschen ihre Ansichten ändern?
Eine Bertelsmann-Studie hat kürzlich ermittelt, dass 60 Prozent der Muslime in Deutschland die Ehe für Homosexuelle befürworten. Die evangelische Kirche ist in der Sache ohnehin sehr liberal, schwule und lesbische Priesterpaare dürfen unter einem Dach zusammenleben.
CDU und CSU halten am Widerstand gegen die Öffnung der Ehe fest. Mit welchen Argumenten?
Die CDU wäre für Argumente sicher dankbar. Sie beruft sich häufig auf den Artikel 6 des Grundgesetzes, der den Schutz von Ehe und Familie vorschreibt. Allerdings wird die Ehe dort nicht näher definiert, die Ehe für Schwule und Lesben würde dem Artikel nicht widersprechen. Die CDU kann also gar nicht mit dem Grundgesetz argumentieren. Sie lehnt die Ehe insgesamt eher aus einem Bauchgefühl heraus ab, christliche Vorstellungen spielen da auch eine Rolle.
Die eingetragene Lebenspartnerschaft gibt es bereits. Wäre die Öffnung der Ehe mehr als reine Symbolpolitik?
Wir setzen uns grundsätzlich für die Öffnung der Ehe für alle ein, da ein Sonderkonstrukt wie die »Homo-Ehe« keine Gleichstellung ist. Die Öffnung der Ehe wäre selbstverständlich ein ganz großes Symbol. Sie hätte aber auch praktische Konsequenzen, etwa im Abstammungs- und Adoptionsrecht.