Heiliger Mann

Phettberg. Einen Gottesdienst der besonderen Art für den jüngst verstorbenen Harry Rowohlt gab es vergangene Woche in der Berliner Großraum-Disse Berghain. Im dortigen Schlackekeller wohnten 200 Gäste der Deutschlandpremiere von »Der Papst ist kein Jeansboy« bei, Sobo Swobodniks Dokumentarfilm über Hermes Phettberg. In den neunziger Jahren österreichischer Talkshow-König (»Nette Leit Show«) mit Vorliebe für SM und Sperma, stellten den Präsenzkünstler seitdem mehrere Schlaganfälle ruhiger. Nicht aber außer Dienst: Das Filmteam besucht den nuschelnden Fall fürs »Essen auf Rädern« in seiner Wiener Wohnung, liefert perfekte Bilder von Siechtum und dem Kampf dagegen. Das Berghain war schlecht gewählt: Untertitel waren notwendig; das ebenerdig sitzende Publikum war genötigt aufzustehen, um etwas lesen zu können. Wen kümmert’s: Anschließend ließ sich Phettberg als Papst im Rollstuhl auspeitschen. Der heilige Mann selbst widmete den Abend seinem verstorbenen Kumpel Rowohlt.   jk
Platz für neuen Quatsch
Stefan Raab. Maschendrahtzäune, irgendwelche Woks, eine immer griffbereite Ukulele, Lena Meyer-Landrut – dieser ganze Quatsch ist nun vorbei. Denn Stefan Raab zieht sich aus dem TV-Geschäft zurück. Für Schlaumeier kein Grund zur Trauer. Nichts fiel ihnen in der Vergangenheit leichter, als ihn mit einem leichten Naserümpfen für pfuibäh zu erklären. Mit großer Dünkelhaftigkeit wurde er verachtet. Dafür, dass er in den Jagdgründen der Late-Night-Shows mit ihren politischen Kommentaren wilderte. Dafür, dass er mit einer bizarren Verbissenheit agierte, die sich nur allzu gut ins Bild des strampelnden Emporkömmlings fügte, der sich womöglich mit Bauernschläue und nicht Intellektualität durchgesetzte hatte. Ein ehemaliger Metzger. Haha. Mit Zähnen, zu zahlreich für ein Gebiss. Hihi. Und einer Fernsehkarriere, die über Jahrzehnte mit der gleichen Garderobe auskam. Schrecklicher als Stefan Raab und seine nicht enden wollenden Sendungen war immer die eitle Geringschätzung, die ihm entgegenschlug.   oko
Druck aus dem Netz
Taylor Swift. »Schockierend« seien die Vertragsbedingungen, »enttäuschend und komplett untypisch für diese sonst so fortschrittliche und großzügige Firma«. Taylor Swift war empört. Und legte in einem offenen Brief an Apple dar, wieso sie ihr jüngstes Album nicht über den neuen Streaming-Dienst des Konzerns veröffentlichen wolle. Während des dreimonatigen Probeabos von Apple Music, mit dem die Firma Neukunden locken will, sollten die Künstler keine Tantiemen erhalten. »Wir verlangen keine kostenlosen iPhones, bitte verlange von uns nicht, dass wir unsere Musik ohne Kompensation zur Verfügung stellen«, schrieb Swift und forderte Apple dazu auf, die Vertragsbedingungen zu ändern. Apple knickte vor den Millionen Followern Swifts nur wenige Stunden später ein: »Apple Music wird die Künstler auch während der kostenlosen Probeabo-Zeit der Kunden bezahlen. Wir hören Euch, Taylor Swift und Indie-Künstler. In Liebe, Apple.« Welches Problem wird Taylor Swift als nächstes lösen?   oko
Zufriedenheit durch Krach
Metal. Sie tragen Jeanskutten mit Aufnähern so finster wie die Hölle; sie treten zumeist im Rudel auf, haben Dosenbier dabei und Nackenmuskeln aus Stahl: Metaller – in Wahrheit ganz lieb. Wieso, das haben Forscher der University of Queensland herausgefunden. Entgegen früherer Studienergebnisse, die behaupteten, aggressive Musik schüre aggressives Verhalten, verhalte es sich umgekehrt: Wer sich im Zustand der Raserei und des unbändigen Zorns dem vermeintlich zerstörerischen Gegniedel einer Band wie Slipknot aussetzt, ist im Anschluss etwas weniger feindselig und gestresst. In dem Film »Absolute Giganten« hieß es: »Es müsste immer Musik da sein.« Wer weiß, vielleicht ginge es friedlicher zu, wenn es Metal wäre.   oko