Der Trump der Alpen

822 000 Menschen sahen in Österreich vor kurzem jene Ausgabe der »Sommer­gespräche«, eines Interview-Formats mit Spitzenpolitikern, in der Frank Stronach zu Gast war. Für diese Sendung ist das der bisherige Quotenrekord. Jedoch war das hohe Interesse wohl weniger dem Charisma des Parteivorsitzenden des »Team Stronach« geschuldet als der Tatsache, dass er mittlerweile als eine Art Po­litikgroteske fungiert. Sein leicht seniles Auftreten, kombiniert mit seinem einzigartigen amerikanisch-steirischem Dialekt-Mischmasch, erzeugt beim Publikum genau die Mischung aus Fremdscham und Belus­tigung, mit der man heutzutage schnell zur Internet-Berühmtheit aufsteigen kann. Sein politisches Programm pendelt irgendwo zwischen wahnwitzigen Ideen, wie einem eigenen Euro für jedes EU-Mitgliedsland, bis hin zu schwammigem Geblök über »echte Werte«, für die seine Partei, bestehend aus zusammengekauftem Personal aus Wirtschaft und Politik, einstehe. Daneben machte er sich mit ambitionierten Vorschlägen wie der Wiedereinführung der Todesstrafe in Österreich für Auftragsmorde sowie mit seinem, milde ausgedrückt, etwas unbeholfenen Umgang mit den Medien immer mehr zu einer Lachnummer. In der oben erwähnten Sendung ließ er wieder einmal aufhorchen, als er, gefragt nach seinem Frauenbild, zum Besten gab: »Frauen sind Menschen so wie wir.« Immerhin.
Dabei fing sein jüngster Versuch, in der Parteipolitik Fuß zu fassen, für den Selfmademan aus Weiz gar nicht schlecht an. 2012 gründete er das »Team Stronach« und es sah kurzzeitig wirklich so aus, als könne er eine neue populistische Partei in Österreich etablieren und sowohl aus der Wählerschaft der FPÖ als auch der ÖVP Stimmen abzweigen. Seine Selbstdarstellung als einer, der sich im Schweiße seines Angesichts von ganz unten nach ganz oben arbeiten konnte, ließ sich gut vermarkten. Als Gründer des Konzerns Mag­na weist Stronach stolz darauf hin, für Österreich Abertausende Arbeitsplätze geschaffen zu haben. Die Anerkennung als guter Industriekapitalist, der auch selbst anpacken kann, bescherte ihm bei den vergangenen Nationalratswahlen elf Mandate. Seitdem ging es aber steil bergab und in den neuesten Umfragen erhält das »Team Stronach« nur circa einen Prozentpunkt. Eine Zukunft als Youtube-Hit ist dem 83jährigen jedoch sicher.