Die Modalitäten der Schuldenrückzahlung für Griechenland garantieren weitere Erpressbarkeit

Zukünftige Desaster

Bei der geplanten griechischen Rückzahlung von Geldern an den Europäischen Stabilitätsmechanismus steckt der Teufel im Detail.

Während die mediale Aufmerksamkeit auf die Flüchtlinge gerichtet ist, welkt das Interesse an den Wahlen in Griechenland, die am 20. September stattfinden sollen, dahin. Dies liegt nicht nur an der medialen Konzentration auf die Katastrophe, die die Flüchtlinge durchmachen. Ohne große Übertreibung lässt sich sagen, dass die kommenden griechischen Wahlen wohl die langweiligsten seit dem Beginn der Krise sein werden.
Zwar ist nach jüngsten Umfragen der Vorsprung der die Regierung dominierenden Syriza geschrumpft, klar ist aber, dass jede künftige griechische Regierung oder Regierungskoalition das Memorandum of Understanding, das im August vereinbart wurde, einhalten wird – als einzigen Weg, einen wirtschaftlichen Zusammenbruch zu vermeiden, obwohl bei dem Referendum Anfang Juli 61,3 Prozent der Beteiligten sich gegen diesen wirtschaftspolitischen Kurs ausgesprochen haben. Das Memorandum koppelt ein Programm des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), das bis zu 86 Milliarden Euro umfassen wird, an sogenannte Reformen, die Griechenland in die Tat umsetzen muss. Anfänglich werden 23 Milliarden Euro ausgezahlt, vor allem für anstehende Rückzahlungen von Schulden.

Es ist also klar, dass die Austeritätspolitik fortgeführt wird, und es scheint allein die Frage zu sein, ob die griechische Wirtschaft um fünf oder eher zehn Prozent schrumpfen wird. Für wie lange? Kürzlich wurden die Fristen für die Rückzahlung griechischer Schulden neu gestaltet, und sie gewähren einen interessanten Einblick. Am 4. September veröffentlichte das Wall Street Journal eine Statistik über die griechischen Schulden und die Zeitspanne ihrer Rückzahlung. Abgesehen von der Tatsache, dass das dort publizierte, ziemlich optimistische Szenario das Ende des Schuldendienstes für das Jahr 2059 vorsieht, erweist sich ein anderes Detail als höchst aufschlussreich. Es geht um die Rückzahlung jener 23 Milliarden Euro des ESM.

Dabei taucht folgende Anomalie auf: Ein großer Teil dieser Schulden soll ab dem Jahr 2034 in den darauf folgenden 25 Jahren zurückgezahlt werden, in jährlichen Tranchen von 400 bis 600 Millionen Euro. Aber, und das ist der Haken an der Sache, bereits zwischen Februar 2017 und August 2018 sollen insgesamt zehn Milliarden Euro zurückgezahlt werden: je drei Milliarden im Februar und August 2017, vier Milliarden im August 2018. Wie das? Welcher verrückte Beschäftigte kalkulierte die Rückzahlung der Schulden für den ESM und entwarf den Plan, dass 2017 und 2018 zehn Milliarden Euro zurückgezahlt werden sollen, dann die Schulden für 16 Jahre vergessen werden, bis schließlich in den 25 Jahren darauf mit geringen Raten von etwa 500 Millionen jährlich der Rest der Schulden beglichen werden soll? Das erscheint bizarr. Zumindest solange man nicht in Betracht zieht, dass im August 2018 die neue Schuldenvereinbarung ausläuft, die die von Syriza dominierte Regierung in harten Verhandlungen erzielt hat. Mit ihr soll der Finanzbedarf des Staats bis August 2018 gedeckt sein. Das ist also die Zeit, in der die Geltung des dritten Memorandums endet. Dann wird ein neues Memorandum benötigt werden, um das wundervolle Werk der drei vorherigen fortzuführen.
Wenn eine Strategie wieder und wieder funktioniert, wäre es töricht, sie aufzugeben. Alle bisherigen Memoranden kamen mehr oder weniger durch Erpressung zustande: mit der Drohung einer unmittelbaren Staatspleite wegen der Schuldenberge, die ohne Finanzhilfen nicht rückzahlbar waren. Deshalb würde der verrückte Beschäftigte seinen Job nur aufs Spiel setzen, wenn er tatsächlich vergessen hätte, einen großen Teil der Schuldenrückzahlung – und nichts spricht dafür, dass die griechische Regierung in der Lage sein wird, sie zu erbringen – in genau der Zeitspanne anzusetzen, in der das nächste Memorandum »diskutiert« werden wird.