Glitter, Konfetti, Blockade

Bereits zum elften Mal veranstalteten am Samstag christliche Abtreibungsgegner einen »Marsch für das Leben« durch die Berliner Innenstadt. Wie üblich gab es Proteste und Gegendemonstrationen. Doch richtig interessant wurde es erst, als die Christen sich auf den Weg machen wollten. Zu viele Störer seien auf der Route, teilte die Polizei dem Anmelder mit. Die Strecke musste erhablich gekürzt werden. Doch das half wenig. Immer wieder schafften es Protestierende, an den Marsch heranzukommen und die ihre Holzkreuze wie Waffen umklammernden Abtreibungsgegner zu bepöbeln. Unter den Linden, kurz hinter der Friedrichstraße, war erstmal Schluss. Hunderte Menschen auf der Straße blockierten die Route. Gleich daneben gab eine junge Frau Wasser in Plastikflaschen aus – eine Aktion im Rahmen der Berlin Art Week. 25 000 Wasserflaschen ließ der Künstler Ahmet Öğüt an mehreren Orten der Stadt verteilen. Eigentlich sollte es nur ein Zitat des Happenings »Fluids« von Allan Kaprow von 1967 sein, bei dem es ebenfalls um Wassser ging, wenn auch in Form von Eis, das in der Sonne Pasadenas schmolz. Doch als Leute begannen, sie an die Menschen, die die Straße blockierten, weiterzureichen, war es plötzlich weit mehr als das. »So schnell wird Kunst politisch«, meinte die Frau, die die Flaschen ausgab. Wahrscheinlich hatte sie einen ruhigeren Tag erwartet. Jetzt stand sie dort und direkt vor ihren Augen begann die Polizei, rabiat die Menschen von der Straße zu entfernen. Geschrei überall, blasphemische Rufe und feministische Parolen. Immer wieder flogen Glitter und Konfetti. Am Ende brauchten die Demonstranten, darunter der Weihbischof von Salzburg und die Europaabgeordnete Beatrix von Storch (AfD), zwei Stunden, um an der Stelle vorbeizukommen. Angekommen im Lustgarten begrüßten sie Transparente am Balkon des Doms: »Thank God I can abort«, stand darauf. Dann fing es an zu regnen. Das Abschlussgebet fiel buchstäblich ins Wasser.