»Fläschchen nicht so gern«

Aufregung im Prenzlauer Berg: In dem kinderreichen Berliner Stadtteil forderte in der vergangenen Woche ein Cafébesitzer eine stillende Mutter auf, das Lokal zu verlassen. Diese hat mittlerweile eine Petition ans Bundesfamilienministerium verfasst, in der der rechtliche Schutz von stillenden Müttern gefordert wird. Auch die Presse diskutiert den Fall ausgiebig. Franziska Herzog hat eine fünfmonatige Tochter, stillt und hat mit der ­Jungle World über ihre Erfahrungen gesprochen.

Stillen Sie in der Öffentlichkeit?
Ja, meine Tochter hat ja nicht nur zu Hause Hunger. Wir sind viel draußen unterwegs. Außerdem mag sie das Fläschchen nicht so gern.
Ernten Sie schräge Blicke, wenn Sie in der Öffentlichkeit stillen?
Eigentlich nicht. Ich stille auch nicht gerade im Bus, sondern eher in Cafés. Im Winter kann ich mich ja kaum in den Park setzen, um mein Kind zu stillen. Aber in der Regel sind wir nur bis 18.30 Uhr draußen. Die meisten Leute setzen sich erst danach in Cafés oder Kneipen. Ich habe auch schon mal in einem Klamottenladen gestillt. Wenn meine Tochter Hunger hat und schreit, bekommt sie eben etwas zu essen.
Sie wurden also noch nie aufgefordert, einen Ort zu verlassen?
Nein. Aber einmal saß mir im Zug ein älterer Mann gegenüber, der sich auf einen anderen Platz gesetzt hat, als ich mein Kind gestillt habe. Er hat aber nichts gesagt.
Die Mutter, die kürzlich aus einem Café geworfen wurde, hat eine Petition ans Bundesfamilienministerium gerichtet und verlangt rechtlichen Schutz für stillende Mütter. Ist das aus Ihrer Sicht angemessen?
Es ist traurig, dass es zu so etwas kommen muss. Was tut eine stillende Mutter denn? Sie ernährt einfach ihr Kind. Einen rechtlichen Schutz finde ich deshalb angemessen. Man müsste stärker nachfragen, was das Problem der Leute ist, die sich daran stören. Ist es die nackte Brust? Ist es ein diffuser Ekel? Es ist doch albern: Da sitzt jemand im Café, trinkt einen Cappuccino, in dem Kuhmilch ist, also tierische Muttermilch, und regt sich über die Mutter nebenan auf, die ihr Kind stillt. Man kann da lange drüber nachdenken.
Haben Sie irgendwann darüber nachgedacht, gar nicht zu ­stillen?
Wenn körperliche oder psychologische Gründe im Weg stehen, sollte man auf das Stillen verzichten. Aber bei uns hat es vom ersten Tag an sehr gut geklappt. Es gab keinen Grund, nicht zu stillen. Es ist die gesündeste Art, sein Kind zu ernähren. Und die billigste.
Mediziner debattieren seit Jahrzehnten darüber, ob nicht auch Männer stillen können, da die notwendigen Milchdrüsen vorhanden sind. Würde der stillende Mann den gesellschaftlichen Blick auf das Stillen verändern?
Wie soll das funktionieren?
Als eine Möglichkeit gilt wohl eine Hormonbehandlung.
Aha. Gibt es Nebenwirkungen? Und wie ist die Qualität der Milch? Ist die genauso nährstoffreich? Aber sollte sich das problemlos und ohne gesundheitliche Schäden machen lassen, wäre das eine Revolution. Die Pille für den Mann wäre aber wichtiger.