Es ist der gefährlichste Song der Welt, eine kleine Komposition aus der Feder des ungarischen Pianisten Rezsö Seress, die Dutzende Menschenleben forderte. Nachdem seine Verlobte ihn verlassen hatte, schrieb Seress im Oktober 1932 den Text zu »Gloomy Sunday«, wenige Monate später komponierte er die Melodie – und das Verhängnis nahm seinen Lauf. Das erste Opfer war seine ehemalige Verlobte selbst, die sich vergiftete. Ihr Abschiedsbrief bestand aus lediglich zwei Wörtern: Gloomy Sunday. Verlage wollten das Lied nicht haben, es sei zu melancholisch, urteilten sie. Und tatsächlich erwarb der Song bald den Ruf, Menschen zum Suizid zu bewegen. »Die Budapester Polizei hat ›Gloomy Sunday‹ zur öffentlichen Gefahr Nr. eins ernannt und alle Musiker und Orchester gebeten, sie dabei zu unterstützen, seine Aufführung zu unterbinden«, schrieb eine US-amerikanische Zeitung damals. Niemand sei immun: »Unter den Opfern sind Männer, Frauen und Kinder. Zwei Personen erschossen sich, als Zigeuner die melancholischen Töne auf ihren Violinen spielten. Einige brachten sich um, als sie sie zu Hause auf Platte hörten. Zwei Hausmädchen zerschnitten die Wäsche und Bilder ihrer Arbeitgeber und brachten sich um, nachdem sie den Song von den Dinner-Partys der Herrschaften in die Dienstbotenflure herüberwehen gehört hatten.«
Mindestens 19 Selbstmorde brachte die Presse in den dreißiger Jahren mit »Gloomy Sunday« in Verbindung. Im Januar 1968 nahm sich auch der Komponist selbst das Leben. Zahlreiche Rundfunkanstalten hätten den Song weltweit aus dem Programm genommen. Denn: Ob Humbug oder nicht, man kann ja nie vorsichtig genug sein!
Wer leichtsinnig genug ist, kann sich auf »Hungarian Noir« einen Überblick verschaffen, wie der Song heutzutage von Künstlern interpretiert wird. Salsa-Versionen und brasilianischer HipHop inbegriffen. Hört man »Gloomy Sunday« nur bis zur Hälfte, kommt man übrigens gerade noch so mit einem blauen Auge davon.
V.A.: Hungarian Noir. A Tribute to The Gloomy Sunday. (Piranha/Indigo)