Weniger soll mehr sein

Volksbühne. Seit bekannt ist, dass der belgische Kurator und Theaterwissenschaftler Chris Dercon die Nachfolge des langjährigen Intendanten der Berliner Volksbühne, Frank Castorf, antreten soll, rumort es in der Theaterszene. Namhafte internationale Kulturschaffende wie Okwui Enwezor, Rem Koolhaas oder Anne Teresa de Keersmaeker gehören dagegen zu den Unterstützern Dercons und erklärten gerade in einem offenen Brief ihre Wertschätzung für die »kühne und inspirierte Wahl«. Dass es sich um eine »kühne« Entscheidung handelt, würden die Mitarbeiter der Volksbühne vermutlich unterschreiben, sollen unter dem neuen Intendanten doch immerhin bis zu 50 der 216 Mitarbeiter nicht weiter beschäftigt werden. Bereits jetzt sollen 20 bis 25 Verträge nicht verlängert worden sein. Vor allem die künstlerischen Gewerke des Theaters, wie Dramaturgen oder Regisseure, seien von der Abwicklung betroffen. Vor zwei Wochen hatte die Belegschaft ihrem künftigen Leiter in einem offenen Brief das Misstrauen ausgesprochen und gegen die Kürzungen protestiert. Zu den Unterzeichnern gehören die Schauspieler Martin Wuttke, Birgit Minichmayr und Sophie Rois sowie die Regisseure Herbert Fritsch, René Pollesch und Christoph Marthaler. Dercon möchte den Anteil des Sprechtheaters zugunsten von Tanz, Musiktheater und Medienkunst verkleinern. her
Die Stadt soll sicher werden
Denunziation. Überall das gleiche Bild: Bettler, die hart arbeitenden Bürgern das Geld abluchsen wollen; Hundekot, der sich auf den Straßen türmt, weil die Halter sich zu fein sind, den Mist zu beseitigen; Läden, die länger als erlaubt geöffnet haben; Straßenlaternen, die schon seit Wochen nicht repariert werden; Jugendliche und Großfamilien, die sich über geltendes Recht hinwegsetzen und ihren Grill im gepflegten Park anfeuern. Mehr braucht es nicht, um zu beweisen, dass das Leben nichts anderes als eine Aneinanderreihung von fürchterlichen Ärgernissen ist. Erst recht in deutschen Großstädten. Aber es tut sich etwas: Die Berliner Verwaltung hat 910 000 Euro investiert, um eine Handy-App zu entwickeln, mit der Ordnungswidrigkeiten von nun an per Fingerclick gemeldet werden können. Wahlweise mit Beweisfoto! GPS oder Adresseingabe informieren das zuständige Amt über den Tatort. Innensenator Frank Henkel erachtet die Maßnahme als einen »wichtigen Aspekt für eine sichere und saubere Stadt«. Eine herrliche Zukunft blüht den Bürgern der Stadt, denen es nun noch leichter gemacht wird, 13jährige anzuschwärzen, die heimlich auf dem Spielplatz rauchen. Auch gegen Messis und Nacktjogger sei die App ein probates Mittel, teilt die Behörde mit. oko
War es doch anders?
Adnan Syed. Vor 16 Jahren geschah in einem Vorort der US-amerikanischen Stadt Baltimore ein Verbrechen, das erst einige Jahre später für eine größere Öffentlichkeit Bedeutung erlangte – die detailreiche Schilderung der Ereignisse hat dazu geführt, dass man heutzutage mit einer Mischung aus Interesse und Neugier aufhorcht, wenn die Namen Adnan Syed und Hae Min Lee fallen. Zumindest wenn man zu denen gehört, die den Podcast »Serial« gehört haben. Und das sind bekanntlich viele – die ab Oktober 2014 vom Radiosender WBEZ Chicago zur Verfügung gestellte Podcast-Serie wurde bereits während der ersten beiden Monate von mehr als fünf Millionen Hörern allein über iTunes heruntergeladen. Der zum Tatzeitpunkt 17jährige Adnan Syed wurde wegen Mordes an seiner Freundin Hae Min Lee zu lebenslanger Haft verurteilt. Ob Syed die Tat wirklich begangen hat, diese Frage beschäftigt von nun an auch wieder das Gericht: Der Fall wird neu aufgerollt. oko