Teil unserer Debattenkultur

Gastbeitrag. Von Leo Fischer, der diese Woche klingt wie Anne Will

Liebe Fernsehgemeinde,

im Namen der gesamten Redaktion von Anne Will, der Anne-Will-Group, des twitternden Praktikanten und aller meiner anderen Fernsehfreunde möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen. Der Auftritt einer vollverschleierten schweizerischen Islamistin in meiner Sendung (»Anne Will«, bekannt z. B. durch Hörzu), hat ein bundesweites Echo hervorgerufen. Das war in keiner Weise beabsichtigt. Wie Sie wissen, sind wir bei »Anne Will« ausschließlich einem breiten gesamtgesellschaftlichen Konsens verpflichtet, bei dem sich alle wohlfühlen und keine Tiere zu Schaden kommen. Das ist uns in diesem Fall leider nicht gelungen.
Wir werden weiterhin versuchen, für Extremisten, Volksverhetzer, Gewalttäter und Unsympathen keine Bühne bereitzustellen, sofern diese nicht den großen Volksparteien angehören. Bei besagter Islamistin haben wir diese Kriterien leider nicht angewandt. Wenn künftig bei uns zu Gewalt gegen Andersdenkende aufgerufen wird, dann wieder ausschließlich aus den Mündern erfahrener Talkshow-Schauspieler wie Wolfgang Bosbach oder Sahra Wagenknecht. Das ist der Preis, den wir für unsere Freiheit bezahlen, und der zum Teil ja auch über die Rundfunkgebühren ausgeglichen wird.
Trotzdem möchte ich unsere Entscheidung, besagte Frau mit dem merkwürdigen Namen einzuladen, auch ein wenig verteidigen. Würden wir anfangen, Menschen, die sich befremdlich kleiden oder wirre Ideen verfolgen, nicht mehr in unsere Sendung zu holen, hockte ich da schnell alleine rum. Zudem: Sind die Leute, die sich bis dato über die weichgespülte deutsche Debattenkultur empört haben, nicht auch diejenigen, die jetzt wüst auf den »Islamischen Staat« schimpfen? Der »Islamische Staat« ist Teil unserer Debattenkultur – schon dadurch, dass wir über ihn sprechen. Mit dem IS ist es wie mit dem Fußball: Nur wer mitmacht, kann gewinnen!

Mit freundlichen Grüßen

Anne Will (von der Sendung: »Anne Will«)