Seouls Rasputina

Als hätten Menschen in Südkorea wegen der nördlich gelegenen stalinistischen Diktatur nicht schon genug Sorgen, ist nun bekannt geworden, dass möglicherweise höchste Regierungskreise durch eine christliche Sekte öffentlich infiltriert worden sind. Die nach einer Korruptionsaffäre unter politischen Druck ­geratene südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye stand allem Anschein nach unter großem Einfluss ­einer pseudoreligiösen Meisterin. Die New York Times berichtete, Choi Soon-sil habe als eine Art Ein-Frau-Schattenkabinet die wichtigsten Reden Parks redigiert. Der südkoreanische Sender Chosun zeigte eine Szene, in der Parks Beratungsteam sich vor Choi verbeugte, nachdem es Befehle von ihr empfangen hatte. Das klingt zwar nach unpolitischem Tratsch, zeigt aber die anhaltende Einflussnahme der christlichen Sekte »Kirche des ewigen Lebens« auf südkoreanische Entscheidungsträger. Gründer der Sekte war Chois Vater Choi Tae-min. Er war eng mit Park Chung-hee befreundet, dem südkoreanischen Präsidenten von 1963 bis 1979 und Vater der derzeitigen Präsidentin Park Geun-hye. Schon Choi Tae-min erwarb die Gunst von Park Geun-hye durch die ­Behauptung, ihre toten Eltern, beide Opfer eines Mordanschlags 1979, seien ihm im Traum erschienen und hätten ihm befohlen, Park zu helfen. Danach avancierte er zum Mentor der späteren Präsidentin und blieb es bis zu seinem Tod 1994. Der Einfluss ging einem Leak aus der amerikanischen Botschaft in Seoul zufolge, über den die New York Times berichtete, so weit, dass Choi Tae-min »komplette Kontrolle über Parks Körper und Seele« in ihren wichtigsten Lebensabschnitten ausübte.
Wenn Choi Soon-sil im selben Maß Einfluss über Park ausübte und ihr sogar vorschrieb, was sie anziehen sollte, lässt dies Schlimmes erahnen. Choi soll die Verbindungen zur Regierung für ihre persönliche Bereicherung genutzt haben, indem sie südkoreanische Unternehmen unter Druck setzte, für ihre Stiftung zu spenden. Die südkoreanische Nachrichtenagentur KBS berichtete, die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittele gegen die von Choi in Deutschland ­gegründeten Firmen »Widec Sports« und »The Blue K« wegen des Verdachts auf Geldwäsche. Wie die FAZ berichtete, sei Choi Soon-sil bereits am 30. Oktober in ­Seoul verhaftet worden. Sie habe sich zuvor in Deutschland aufgehalten, so die Zeitung. Nun wird in Südkorea eine regelrechte Hetzjagd auf Choi und ihre Familie veranstaltet, um Parks desaströse Umfragewerte vielleicht doch noch aufzubessern. Selbst Chois Tochter wurde der Schulabschluss aberkannt. Glücklicherweise sind Deutschlands Regierungskreise in der CDU und CSU mit Merkel, Seehofer und Gauck in den leitenden Positionen vor christlicher Unterwanderung geschützt.