Kultur zum Schämen

Nun wurde offenbar auch das Polnische Institut in Berlin und Leipzig »geheilt«. Seine seit 2013 amtierende Leiterin, Katarzyna Wielga-Skolimowska, wurde am 29. November mit sofortiger Wirkung entlassen. Unter ihr erarbeitete sich das Institut durch selbständige und anspruchsvolle Programme viel Anerkennung und trug zum kulturellen Austausch zwischen Menschen in Polen und Deutschland bei. Die Berliner Zeitung berichtete, dass Wielga-Skolimowska nur ­einen Tag Zeit hatte, ihr Büro zu räumen. Über mögliche Gründe der Entlassung äußerte sie sich nicht. Vermutlich hatte aber Polens Außenminister Witold Waszczykowski seine Finger im Spiel. Aufgabe der Regierung sei es, »unseren Staat von einigen Krankheiten zu heilen«, sagte er Bild und verteidigte das polnische Mediengesetz. So seien etwa politische Einflussnahme und eine stärkere Kontrolle des staatliche Rundfunks wichtig. Dem Tagesspiegel zufolge wächst seit Waszczykowskis Amtsantritt auch der politische Druck auf die 24 Polnischen Institute, mehrere Institutsleiter wurden entlassen. Das Polnische Institut mit weltweit 24 Standorten ist eine staatliche ­Institution und hat das Ziel, polnische Kultur im Ausland und den interkulturellen Dialog zu fördern.
Vermutlich soll auch das Institut in Deutschland im Sinne der regierenden ­nationalkonservativen Partei PiS umgestaltet werden. Andrzej Przyłębski, der polnische Botschafter in Berlin, hatte seine Diagnose schon im Oktober dem Außenministerium übermittelt. Er kritisierte das Programm des Instituts und unterbreitete Verbesserungsvorschläge. Przyłębski meinte, eine Überbetonung polnisch-jüdischer Themen zu entdecken, und warnte vor »hedonistischen Trends«, da sie »zivilisatorisch zu nichts Gutem« führten. Der Botschafter warf Wielga-Skolimowska vor, die falschen Gäste einzuladen, und übersandte gleich eine Wunschliste, auf der unter anderem Rafał Ziemkiewicz stand. Der regierungstreue Autor ist Gründer der »Nowa Endecja«, einer Bewegung in der Tradition des antisemitischen Politikers Roman Dmowski. Dass Wielga-Skolimowska den mit einem ­Oscar prämierten Film »Ida« aufführen ließ statt des von Przyłębski gewünschten Propagandastreifens »Smolensk«, könnte für die Entlassung nicht unwichtig gewesen sein. »Ida« thematisiert polnischen Antisemitismus, der polnische Kulturminister hatte dazu aufgerufen, dieser »Kultur der Scham« ein Ende zu bereiten.