Wer braucht schon Eisberge?

Einen Stetson trägt der Texaner Rex Tillerson nicht, an diabolischem Charme mangelt es ihm ein wenig, dennoch fühlt man sich an J. R. Ewing erinnert, der seine Geschäftsphilosophie so zusammenfasste: »Ein Gewissen ist wie ein Boot oder ein Auto. Wenn man glaubt, es zu brauchen, mietet man sich eines.« Bei Exxon Mobil braucht man es, wenn der Corporate Citizenship Report zusammengeflunkert wird oder man vorgeben will, sich über den Klimawandel Sorgen zu machen. Dafür gibt es Spezialisten, die man mieten kann, während der CEO sich um die wichtigen Dinge kümmert, etwa um die Ölförderung in der Arktis, für die man eine Vereinbarung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin braucht. Und möglichst noch ein bisschen mehr globale Erwärmung, damit die teuren Bohrinseln nicht von Eisbergen beschädigt werden.
Wovon J. R. Ewing nicht einmal zu träumen wagte, ist für Tillerson Wirklichkeit geworden. Er wird, wenn er die Senatsanhörung übersteht, Außenminister der USA. Ähnliche Aufgaben hatte er schon bei Exxon Mobil, einem Konzern, der in vielen Ländern mehr Einfluss hat als das US-Außenministerium. Wenn etwa Idriss Déby, der Präsident des Tschad, von der US-Regierung 20 Millionen, von Exxon Mobil aber 500 Millionen Dollar pro Jahr erhält, muss man nicht lange rätseln, wessen Rat er größere Bedeutung beimisst. Nicht immer stimmen die Interessen von Exxon Mobil mit denen der Regierung überein. Tillerson, den Putin mit dem Orden der Freundschaft ausgezeichnet hat, hält nichts von den Sanktionen gegen Russland, die Präsident Barack Obama verhängte. Unter anderem deshalb ist er der Mann, den Donald Trump braucht. Der zukünftige Präsident gibt aber auch zu erkennen, wie er sich Außenpolitik vorstellt: als bilaterale Geschäftsbeziehung, in der die USA ihr gesamtes Machtarsenal zur Steigerung ihres shareholder value zur Geltung bringen. Shareholder aber ist nicht jeder US-Amerikaner, wohl nicht einmal jeder US-Unternehmer. Denn an Managern, die Erfahrung im Umgang mit Diktatoren haben, sich ein Gewissen allenfalls mieten und eitel genug sind, um für Ruhm und Glanz der Macht eine zeitweilige Einkommenseinbuße hinzunehmen, herrscht in den USA ja kein Mangel. Nicht zufällig fiel Trumps Wahl auf den Vertreter des bedeutendsten und unflexibelsten Konzerns, der sein Geld mit fossilen Brennstoffen verdient. Tillerson steht, gemeinsam mit dem Kohlelobbyisten Scott Pruitt, der die Umweltbehörde EPA leiten soll, für eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik der rauchenden Schornsteine. Trump wird also nicht nur die politischen Spannungen anheizen.