Die Bundesregierung möchte public private partnerships mit Grundgesetzänderungen neue Geschäfte ermöglichen

Der Investor soll es richten

Mit einer Reihe von Grundgesetzänderungen möchte es die Bundesregierung ermöglichen, private Unternehmen am Betrieb der öffentlichen Infrastruktur stärker zu beteiligen.

Es ist ein großes Vorhaben: Am Freitag stimmt der Bundestag über insgesamt 13 Grundgesetzänderungen und 15 weitere Gesetzesänderungen ab. Diese Änderungen würden die Möglichkeiten, privates Kapitals an Autobahnen und öffentlichen Schulen zu beteiligen, erheblich ausweiten. Solche Beteiligungen sind unter dem Begriff der »öffentlich-privaten Partnerschaft« (engl. public private partnership, kurz PPP) bekannt. Dabei stellen private ­Investoren Geld für eine öffentliche Einrichtung zur Verfügung und dürfen im Gegenzug Gewinne mit ihr erwirtschaften. Außerdem erhalten sie ihr anfangs investiertes Geld im Laufe von 25 bis 30 Jahren samt Zinsen vom Staat zurück.

In den neunziger Jahren gab es etliche PPPs, etwa für kommunale Schwimmbäder und Stadtbibliotheken. Die Verantwortlichen glaubten, private Unternehmen wären effizienter als die öffentliche Verwaltung. Die Erwartungen bestätigten sich aber nicht. Im Durchschnitt waren die PPPs 40 Prozent teurer als die herkömmliche staatliche ­Finanzierung, und die Qualität der Einrichtungen wurde häufig schlechter. Viele PPPs scheiterten, weil die Kosten für den Staat untragbar wurden oder der private Betreiber Konkurs anmeldete. Wegen solcher Erfahrungen ist das Image von PPPs denkbar schlecht. Kein Wunder, dass ihre namentliche Nennung in den geplanten Gesetzes­änderungen sorgfältig vermieden wird. Stattdessen ist dort von einer »Zentralisierung der Verwaltung« die Rede.
Die geplanten Änderungen sollen unter anderem die Schaffung einer zentralen Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ermöglichen. Diese könnte künftig ganz allein über PPP-Projekte für Autobahnabschnitte entscheiden. Sie müsste sich also nicht mit den Bundesländern oder betroffenen Kommunen auseinandersetzen. Auch eine Kontrolle durch den Bund dürfte es kaum geben. Dann könnten Projekte sehr schnell geplant und realisiert werden, noch bevor jemand öffentlich die unbeliebten PPPs skandalisieren könnte. Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft soll zunächst als GmbH firmieren, aber nach vier Jahren ihre Rechtsform wechseln; sie könnte dann beispielsweise in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden.

Die Nennung von Public Private Partnerships wird in den geplanten Gesetzesänderungen vermieden. Stattdessen ist von einer »Zentralisierung der Verwaltung« die Rede.

Ferner sollen PPPs auch für die Sanierung von Schulen in armen Kommunen ermöglicht werden. Hierzu bekäme der Bund zunächst das Recht, klammen Gemeinden finanzielle Hilfe zu gewähren. Das wäre aber nur der erste Schritt hin zur zentralen Vergabe von PPPs für Schulen, die ähnlich wie im Fall der Verkehrinfrastrukturgesellschaft von einer zentralen Organisation abgewickelt werden soll. Für den Bundesrechnungshof sind in beiden Fällen keinerlei Prüfungsrechte vorgesehen; vermutlich, weil er sich in der Vergangenheit häufig kritisch gegenüber PPP-Vorhaben gezeigt hat.

Wegen der enthaltenen Grundgesetzänderungen kann das Gesetzespaket nur mit einer Zweidrittelmehrheit des Bundestages beschlossen werden. Weil die Große Koalition zurzeit über eine solche verfügt, soll die Verabschiedung noch vor der Bundestagswahl im Herbst erfolgen. Außerdem will keine der beteiligten Parteien mit diesem unbeliebten Thema in den Wahlkampf ziehen. Weil das Ganze auch im Bundesrat bewilligt werden muss, sind zudem Änderungen im Länderfinanzausgleich vorgesehen. So wird den Bundesländern eine jährliche Bundeszuwendung von 9,7 Milliarden Euro ab 2020 versprochen, um die Zustimmung der Länderkammer zu erkaufen, die ursprünglich gegen das Vorhaben war.
Seit Jahrzehnten sind die Investitionen in die öffentliche Infrastruktur zu gering. Marode Brücken, kaputte Straßen und baufällige Schulgebäude müssen dringend erneuert werden. Im Grunde wäre die Gelegenheit derzeit günstig, um öffentliches Geld für notwendige Infrastrukturprojekte aufzutreiben. Die Vergabe von Staatsanleihen und Kommunalobligationen ist wegen der niedrigen Zinsen sensationell günstig. Warum bevorzugt die Bundesregierung stattdessen private Investoren? Der Hauptgrund liegt im Fetisch der »Schwarzen Null« und in der 2009 im Grundgesetz festgeschriebenen sogenannten Schuldenbremse. Diese Vorgaben machen es zum höchsten Ziel, staatliche Schulden um jeden Preis zu vermeiden. Um dennoch öffentliches Eigentum zu sanieren, sollen die unbeliebten PPPs in größerer Zahl abgeschlossen werden. Die privaten Investitionen zählen nicht als Kredite, obwohl sie angesichts der Rückzahlungsmodalitäten nichts anderes sind. Das ermöglicht eine Art Schattenhaushalt, der absurderweise ebenso im Grundgesetz verankert werden soll wie die »Schuldenbremse«.

Auf der anderen Seite benötigt das private Kapital dringend Anlagemöglichkeiten, denn die Gewinnaussichten sind angesichts der mauen Renditen an den Finanzmärkten gering. Die Beteiligung an PPPs verspricht Gewinne von fünf bis acht Prozent. Diese müssen aber am Ende aus den öffentlichen Kassen bezahlt werden. Ferner gehen hierbei wichtige Entscheidungen demokratisch gewählter Instanzen auf private Träger über. Nicht zuletzt könnten die politischen und staatlichen Institutionen langfristig ihre Kenntnisse und Erfahrungen im Betrieb der betreffenden Infrastruktur verlieren. Sie wären dann erst recht auf private Betreiber angewiesen.