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Großer Mann – wohin?

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MedManchmal finde ich es schon schade, so gar nicht gewalttätig oder wenigstens groß zu sein. Zum Beispiel auf Konzerten: Es dauert meistens zwar etwas, aber dann ist es doch geschafft und eine leidliche Lücke gefunden worden. Eine, die vorne von nicht allzu großgewachsenen Leuten begrenzt wird, so dass es im Idealfall möglich ist, alles zu sehen, was auf der Bühne passiert, und im nicht ganz so idealen wenigstens hin und wieder mal gesehen werden kann, was der Sänger grad treibt, jedenfalls, wenn er herumspringt. Und dann passiert das, was immer passiert: Von hinten drängelt sich ein großer Mann durch und stellt sich genau vor mich. Ein sehr großer Mann. So groß, dass er eigentlich auch fünf Reihen weiter hinten noch einen weitgehend unverstellten Blick auf die Bühne hätte, aber nein, er hat entschieden, dass sein Platz an diesem Abend genau vor einer kleinen Frau sein muss. Ihn höflich ein Stück zur Seite zu schieben, ist nur theoretisch eine gute Idee, denn der durchschnittliche große Mann versteht das Problem erkennbar nicht und steht eine gute Viertelsekunde später wieder dort, wo er zuvor stand. Also muss ihm die Sache erklärt werden. In einer perfekten Welt würde das so ablaufen: »Du, ich seh nix mehr, wenn du vor mir stehst.« – »Sorry, dann stell ich mich woanders hin.« Dies ist aber nicht die perfekte Welt, deswegen guckt der große Mann nach der Erklärung unfassbar genervt und sagt: »Ja, dann geht halt weg, ich hab genauso bezahlt wie du.« Der kurze Tagtraum, zwei Meter groß zu sein, dem Typen rechts und links eine zu knallen und ihn dann an den Ohren nach hinten abzuführen, endet damit, dass ich mich woanders hinstelle, bis auch schon ein großer Mann …
Aber nun habe ich mir eine elegante, mit spitzen Nieten besetzte Handtasche gekauft. Nicht mein Problem, wenn sie Leuten ohne Manieren wehtut.