Auf der Innenministerkonferenz in Leipzig wurde über Abschiebungen nach Syrien diskutiert

Syrien bleibt unsicher

Auf Beschluss der Innenministerkonferenz sollen Abschiebungen nach Syrien noch bis Ende 2018 ausgesetzt werden. Polizeigewalt spielte auf dem Treffen keine Rolle, Rechtsextremismus nur am Rand.

Am Sonntag nach der Innenministerkonferenz (IMK) in Leipzig ging es dann doch noch um ihn – den sogenannten Linksextremismus. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sagte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, er wolle den »Linksextremismus bis zum Kern bekämpfen«. So solle unter anderem die Hamburger Sonderkommission »Schwarzer Block« weiter aufgestockt werden. In den Tagen zuvor war während der IMK erstaunlich selten die Rede von den Geschehnissen beim G20-Gipfel in Hamburg. Stattdessen widmeten sich die Ressortleiter der Länder und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf ihrer Abschlusspressekonferenz am Freitag vergangener Woche den Themen Fußball, Informationstechnologie und Syrien in den Mittelpunkt.

 

Asyl, Migration und Fußballfans

Über die Lage in dem Bürgerkriegsland war zuvor eine Woche lang diskutiert worden. Das IMK-Gastgeberland Sachsen hatte vorgeschlagen, ab dem 1. Juli 2018 wieder Menschen nach Syrien abzuschieben, sofern eine Neubewertung der dortigen Situation zu dem Ergebnis komme, dass es in dem Bürgerkriegsland sichere Regionen gebe. Einem kürzlich veröffentlichten Bericht der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR zufolge gibt es solche Regionen jedoch nicht. Da auch die SPD ihren Widerstand gegen das Vorhaben angekündigt hatte, einigten sich die Innenminister auf einen bis zum 31. Dezember 2018 verlängerten Abschiebestopp. Die Sicherheitslage in Syrien soll dennoch neu bewertet werden, möglicherweise sollen danach ­sogenannte Gefährder dorthin abgeschoben werden, also Menschen, ­denen die Behörden eine schwere Straftat zutrauen, die aber noch keine begangen haben.

Von der Themensetzung der Innenminister ließen sich bei der Abschlusspressekonferenz auch die meisten Journalisten beeindrucken. Nahezu alle Fragen drehten sich um die Themenbereiche Asyl und Migration. Der von einem Staatsanwalt geäußerte Mordverdacht im Fall Oury Jalloh, die nahezu täglichen Angriffe auf Flüchtlinge, das massenhafte Fehlverhalten der Polizei in Hamburg sowie die teils gewaltbereiten »Reichsbürger« spielten hin­gegen keine Rolle. Immerhin möchten die Innenminister die Szene der sogenannten Prepper intensiver beobachten. Diese bereiten sich unter anderem auf bürgerkriegsähnliche Zustände in Deutschland vor.

Im Gegensatz zu den meisten Rechtsextremen und gewalttätigen Polizisten müssen Fußballfans demnächst härtere Strafen fürchten. So soll etwa der Vorwurf des Landfriedensbruchs bei Taten aus einer Menschenmenge heraus häufiger zur Anwendung kommen. Eine generelle Erweiterung des Straftatbestandes wurde jedoch nicht beschlossen. Im August hatten die Innen- und Justizminister von CDU und CSU vorgeschlagen, auch jene Personen zu bestrafen, die beispielsweise an Demonstrationen teilnehmen und sich, wenn Gewalt verübt wird, nicht von der Gruppe entfernen. Bereits vor der Konferenz hatten Äußerungen de Maizières für Aufregung gesorgt. Er wollte die ­Betreiber technischer Systeme dazu verpflichten, eventuelle Hindernisse für das Abhören von Wohnungen oder Autos zu beseitigen. So sei es wegen diverser Alarmeinrichtungen nicht mehr so einfach, unbemerkt Wanzen anzubringen. Was derzeit rechtlich ­erlaubt sei, müsse auch technisch möglich sein, sagte de Maizière am Rande der IMK.

 

Proteste am Rande der Konferenz

Am Rande der Innenministerkon­ferenz demonstrierten am Donnerstagabend voriger Woche etwa 600 Menschen gegen das Treffen. Die örtlichen Jugendorganisationen von SPD, Grünen und Linkspartei veranstalteten vor der Kongresshalle eine Kundgebung. Ein linksradikales Bündnis demonstrierte zudem im Zentrum Leipzigs. Die Ankündigung des Protests hatte in den Tagen vor der Konferenz bisweilen zu hysterischen Reaktionen geführt. Nachdem Unbekannte einen Funkmast der Polizei angezündet, eine Postfiliale mit Farbe besprüht und das Büro eines CDU-Politikers angegriffen hatten, war in Medien von möglichen Gewaltausbrüchen die Rede. In diesem Zusammenhang wurde immer wieder die geplante Demonstration des linksradikalen Bündnisses erwähnt.

Tatsächlich war es auf ähnlichen Veranstaltungen in Leipzig in den vergangenen Jahren stets ruhig geblieben, obwohl diese häufig in der Nähe konfliktträchtiger Orte stattfanden. Die Polizei erschien am Donnerstagabend dennoch mit einem großen Aufgebot, allein vor dem Frontbanner liefen ­dauerhaft etwa 100 Beamte. Die Politiker waren zu diesem Zeitpunkt aber ­ohnehin schon auf dem Weg zum Abendessen in der Innenstadt, weshalb die Teilnehmer der Demonstration zwischendurch etwa zehn Minuten nicht weiterlaufen durften. Weitere Vorkommnisse wurden nicht bekannt.

Mancher Innenminister hatte offenbar auf einen anderen Verlauf gehofft. Nachdem es aus den Kundgebungen her­aus zu keinerlei Gewalttaten gekommen war, gab der sächsische Innen­minister Markus Ulbig (CDU) den Demonstranten zumindest die Hauptschuld für die Verkehrseinschränkungen in Leipzig. Als wichtige Haupt­straßen gesperrt wurden, die von der Lohnarbeit Heimkehrenden im Stau standen und die Verkehrsbetriebe ihre Fahrzeuge kurzfristig umleiten mussten, hatten sich die Konferenzgegner allerdings noch nicht einmal in Bewegung gesetzt.