Das Trump-Enthüllungsbuch »Fire and Fury«

Fury in the White House

Seite 2 – Der rätselhafte Steve Bannon

Und seither ist der Mann vor allem eines: nicht glücklich. Was eigentlich auch nicht weiter verwunderlich ist, denn alte Leute – ­Trump ist 71 Jahre –­ passen sich nicht mehr so leicht an veränderte Lebensumstände an wie junge. Wobei der Präsident laut Wollf ohnehin kein besonders flexibler Mensch ist: Seit 1983 wohnt er im Trump Tower, wo sich auch sein Büro befindet, das im Buch als seither nicht veränderte »Zeitkapsel der achtziger Jahre« beschrieben wird und wo er einen festen Tagesablauf pflegt.

Im Weißen Haus ist die Freizeit­gestaltung, so wie Wolff sie schildert, von deprimierender Gleichförmigkeit: Der Präsident sieht entweder fern oder telefoniert. Als Steve Bannon noch sein Berater war, aßen die beiden Männer pünktlich um halb ­sieben gemeinsam zu Abend. Anfangs waren die anderen Mitarbeiter Wolff zufolge noch neidisch, wenn sie nicht ebenfalls eingeladen wurden, später setzte sich jedoch allgemein die Auffassung durch, dass die Teilnahme an diesem Dinner eher einer Strafe gleichkäme.

Bannons Verhalten bleibt insgesamt rätselhaft. Dem Mann, der zu Beginn der Trump’schen Präsidentschaft von den meisten US-Medien als der in Wirklichkeit regierende, gewiefte Stratege dargestellt wurde, unter­liefen in letzter Zeit eine Menge Fehler.

Überhaupt, Bannon: Dass der ­ehemalige Leiter von Breitbart News im Buch nicht nur viel zitiert wird, sondern auch als einer der eifrigsten Ausplauderer von Interna aus dem Weißen Haus gilt, ist erstaunlich. Der Vordenker der Alt-right-Bewegung hatte nämlich seine Gegner in der Trump-Administration immer wieder als diejenigen dargestellt, die regelmäßig Informationen an die ­Presse weitergäben; vermutlich, um sie beim Präsidenten zu denunzieren.

Bannons Verhalten bleibt insgesamt rätselhaft. Dem Mann, der zu Beginn der Trump’schen Präsidentschaft von den meisten US-Medien als der in Wirklichkeit regierende, gewiefte Stratege dargestellt wurde, unter­liefen in letzter Zeit eine Menge Fehler. Vielleicht gehören sie aber auch zu einem supergeheimen Plan, den nur niemand versteht.

Begonnen hatte Bannons Niedergang mit zahlreichen Artikeln bei Breitbart, in denen »Javanka«, also Jared Kushner und Ivanka Trump, angegriffen wurden. Beide, ursprünglich Demokraten, wurden rasch zum Lieblingshassobjekt der Leserschaft: In den Kommentarspalten wurden blutrünstige Mordphantasien ebenso geduldet wie antisemitische Beschimpfungen und haltlose Verbrechensverdächtigungen. Und ­sogar eine Verschwörungstheorie, die ursprünglich Michelle Obama zum Ziel hatte, wurde abgewandelt. Mit Hilfe zahlreicher gefälschter Fotos, in die in den Schritt Umrisse von ­einem Penis hinein retuschiert wurden, hatten Anhänger der Alt-right-­Bewegung seit Jahren zu belegen versucht, dass Michelle in Wirklichkeit ein Mann namens Michael sei – dann tauchten ähnliche Bilder auch von Ivanka Trump auf.

Selbst wenn Trump, der bekanntlich lieber fernsieht als liest, diese Angriffe auf sein Lieblingskind nicht selbst gesehen haben sollte, dürften Bannons Gegner ihm davon erzählt haben. Nachdem Bannon in »Fire and Fury« dann auch noch das 2016 von Donald Trump Jr. initiierte Treffen mit russischen Regierungsvertretern im Trump Tower als ­»unpatriotisch und verräterisch« bezeichnete, konterte Trump auf ­Twitter jedenfalls mit ausgesuchten Beleidigungen.

Bei Breitbart schließlich entlassen, hat Bannon, der weder twittert noch bei Facebook aktiv ist, derzeit keine Möglichkeit mehr, seine Anhänger zu erreichen, um sie über etwaige neue Pläne zu informieren. In der nächsten Woche soll er zudem vor dem House Intelligence Committee aussagen. Ein Thema unter anderen werden seine Bemerkungen im Buch über mögliche Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verwicklungen von Kushner und Trump Jr. in Geld­wäsche sein. Bannon war darüber hinaus einer der Empfänger der ­E-Mail, in der Donald Trump Jr. über Kontakte zu Wikileaks und mögliche Enthüllungen über Hillary Clinton informierte.

In »Fire and Fury« wird Bannon noch mit der Aussage zitiert, dass er nicht vor dem Committee aussagen und sich auch keinen Anwalt besorgen werde. Am Donnerstag voriger ­Woche wurde bekannt, dass er nun doch aussagt und sich mit dem New Yorker Anwalt Bill Burck darauf vorbereitet.