Die neue Regierung hat keine Lösung für Italiens gigantisches Schuldenproblem

Endloser Niedergang

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Was bei Griechenland noch funktionierte, lässt sich bei einer der größten Nationalökonomien Europas nicht wiederholen. Die Unterschiede zeigen sich bereits bei der zentralen Rolle der italienischen Industrie für die euro­päische Wirtschaft. Vor allem aber erscheinen die griechischen Schulden im Vergleich zu den italienischen Verbindlichkeiten fast lächerlich gering. Wenn private Anleger ihr Geld aus Italien abziehen, könnten die Verluste nicht mehr wie im Falle Griechenlands durch öffentliche Gläubiger ausgeglichen werden. Kein europäischer »Rettungsschirm« wäre groß genug, um Schulden in Höhe von über zwei Billionen Euro zu decken.
Hinzu kommt, dass ein Austritt Italiens aus dem der Währungsgemeinschaft oder auch nur die Drohung, Schulden nicht mehr zu begleichen, eine Kettenreaktion nach sich ziehen würde. Griechenland, Spanien und Portugal gelang es in den vergangenen Jahren unter großen Mühen, wieder Zugang zu den internationalen Kreditmärkten zu erhalten. Wer würde diesen Ländern noch einen ­müden Euro leihen, wenn selbst eine der größten Nationalökonomien ­Europas ihre Schulden nicht mehr begleichen kann? »Wenn Italien nicht mehr zahlt, kann das Europa in die Zerschlagung treiben«, meinte vergan­gene Woche Ferdinand Fichtner, Konjunkturexperte am Deutschen Institut für Wirtschaft (DIW).

Italien benötigt also eine Lösung für sein gigantisches Schuldenproblem, unabhängig davon, wer nun die Regierung stellen wird. Damit wiederholt sich die Debatte, die bereits vor einem Jahrzehnt die Schuldenkrise bestimmte, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Damals versuchte der linke griechische Finanzminister Yanis Varoufakis erfolglos, einen Schuldenschnitt gegen seinen konservativen deutschen Amtskollegen Wolfgang Schäuble durchzusetzen. Im Falle seines Scheiterns prognostizierte Varoufakis ein Erstarken der extremen Rechten in Europa. An Schäubles Stelle sitzt mittlerweile der ­Sozialdemokrat Olaf Scholz, aber mit demselben Programm.

In Europa gilt inzwischen der italienische Wirtschaftswissenschaftler und Politiker Paolo Savona als größter Euro-Schreck. An Savonas Nominierung als Finanzminister scheiterte zunächst die Regierungsbildung zwischen Lega und M5S, Staatspräsident Sergio Mattarella verweigerte die ­Ernennung. Nun soll Savona sich stattdessen als Minister um europäische Angelegenheiten kümmern. Er propagiert ein wahrlich düsteres Szenario: Als Alternative zur Gemeinschaftswährung schwebt ihm ein Binnenmarkt unabhängiger Nationen vor – das »Europa der Nationen« rechter bis rechts­extremer Provenienz.