Kolumne Klassenklampf: Pisa-Tests, Kreativität und Entrepreneurship

Kreativer Unternehmergeist

Klassenkampf Von

Andreas Schleicher ist 53 Jahre alt und hat einen orangeroten Schnauzbart, jedenfalls sieht er auf Bildern im Internet orangerot aus. Für mich. Sie dürfen das gerne anders ­bewerten, vielleicht finden Sie ja eher, dass er blond ist, das ist auch okay. Auf den meisten Bildern schaut er kritisch in die Kamera, manchmal lächelt er verhalten, auf ein paar Bildern schaut er nach links oben am Betrachter ­vorbei in eine Lichtquelle, erleuchtet vielleicht, oder wie einer der Hunde aus der Hundefutterwerbung, die gerade ein Signal von ihrer Hundedresseurin erhalten haben. Ich glaube, Menschen lassen sich so ablichten, weil sie anderen Menschen zeigen wollen, dass sie eine Vision haben. Schleicher möchte vermutlich zeigen, dass er eine Vision hat für das Schulsystem. Schleicher hat vor 20 Jahren den Pisa-Test entwickelt, nicht er alleine, aber auch er. Dann ist er bei der OECD geblieben und ist heute immer noch Koordinator der Pisa-Studie, weswegen er sich derzeit wieder viel zur Schule äußern darf.

Der Pisa-Test 2018 wurde schließlich gerade von den Schulen beendet und auf diese Weise haben alle ­etwas davon: Die Zeitungen können berichten, die Schulen haben das Gefühl, den ganzen Aufwand nicht umsonst betrieben zu haben, und für Schleicher ist das vermutlich auch gut. Es gibt ja für Menschen mit Visionen nichts Schlimmeres, als allein gelassen zu werden mit der Vision, oft werden sie dann traurig oder sogar aggressiv und fanatisch, die Menschen, nicht die Visionen. Schleicher allerdings ist da auf der sicheren Seite, er darf seine Visionen mit allen teilen, da werden sie gleich viel erträglicher für ihn. Er hat zwei Zentralvisionen: Mehr Chancengleichheit an Schulen herzustellen und die Schulbildung besser auf die Erfordernisse des modernen Berufs­lebens auszurichten. Aber viel Zeit zum Nachlesen hatte ich jetzt nicht und dann musste ich mir ja noch die ganzen Schleicher-Bilder ansehen und über seine Bartfarbe nachdenken.

Zumindest aber sagt er der Zeit im Interview, dass die Pisa-Studie vermehrt Fähigkeiten testen möchte, auf die es in der Zukunft ankommen werde: »Kreativität, Entrepreneurship und Offenheit für Neues«. Ich freue mich darauf, weil das ja langfristig bedeuten wird, dass wir in der Schule diese Fähigkeiten fördern müssen. Endlich können wir dann Kreativität und Entrepreneurship derjenigen Schüler belohnen, die in Zusammenarbeit mit dem der Schule gegenüberliegenden Späti sicherstellen, dass stets aus­reichend Gras für alle seinen Weg auf das Schulgelände findet. Diejenigen, denen das nicht gefällt, dürfen das gerne zum Anlass nehmen, an ihrer Offenheit-für-Neues-Kompetenz zu arbeiten, die ist auch wichtig. Für mich. Sie dürfen das gerne anders bewerten.