In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg vergrößern Islamisten ihren Einfluss

Begegnungen für Muslimbrüder

Eine Organisation, die der Muslimbruderschaft nahesteht, versucht in Sachsen und Brandenburg, ihren Einfluss vor allem auf Flüchtlinge zu erweitern.

Vorzugsweise betätigen sich Islamisten zwar in westdeutschen Großstädten und Ballungsräumen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie in den ländlichen Gegenden Ostdeutschlands gänzlich unbekannt wären. In Sachsen-Anhalt etwa stieg die Zahl der Islamisten dem jüngsten Verfassungsschutzbericht ­zufolge von 150 im Jahr 2016 auf nunmehr 200 an. Salafisten traten in dem Bundesland demnach im vergangenen Jahr mehrfach mit Informationsständen in Erscheinung, um ihre Ideologie zu verbreiten. Zudem wurden auch in Sachsen-Anhalt mehrere mutmaßliche Kämpfer des »Islamischen Staats« (IS) inhaftiert. Gegen einen Verdächtigen, der ein ranghoher militärischer ­Befehlshaber des IS gewesen sein soll, wurde Anklage erhoben.

Nach Angaben des sächsischen Verfassungsschutzes besteht das isla­mistische Milieu in dem Bundesland aus 390 Personen, darunter etwa 200 Salafisten. Gordian Meyer-Plath, der Präsident des Landesamts, wies bei der Vorstellung des jüngsten Berichts seiner Behörde darauf hin, dass nicht nur die salafistische Strömung Zulauf habe, sondern dass auch die Muslimbruderschaft sukzessive ihre Strukturen ausbaue. So versuchten zu dieser ­islamistischen Strömung gehörende Organisationen, vor allem unter ­muslimischen Flüchtlingen an Einfluss zu gewinnen.

In Sachsen betätigt sich seit zwei Jahren eine Gruppe, die nach Angaben des Verfassungsschutzes »über Kontakte zur bereits 1928 in Ägypten gegrün­deten Muslimbruderschaft und zur Islamischen Gemeinschaft in Deutschland e. V., der bedeutendsten und zentralen Organisation der Muslimbruderschaft in Deutschland, verfügt«. Die gemeinnützige Unternehmergesellschaft »Sächsische Begegnungsstätte« (SBS) kaufte 2016 im sächsischen Pirna ein Haus, um es eigenen Angaben zufolge zu einem »multikulturellen Zentrum« auszubauen. Zu einer »Verbindung zwischen der alteingesessenen Bevölkerung und den Migranten«, wie die SBS ihr Ziel auf ihrer Homepage beschreibt, kam es bislang offenbar nicht. So ­berichteten Anwohner der Sächsischen Zeitung im Mai, dass zum Freitags­gebet »viele, vor allem junge Männer in den flachen Anbau« strömten. ­Frauen und Kinder seien nur selten zu sehen. Zur Nachbarschaft gebe es ­keinen Kontakt.

Muhammed Ronald Wellenreuther, dem Sprecher der SBS, zufolge scheiterte die Einrichtung eines multikulturellen Begegnungszentrums daran, dass es der Gemeinde Pirna an Personal mit interkultureller Kompetenz mangele. Zudem fehle Geld für dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen, wie er der Sächsischen Zeitung sagte. Zu dem, was sich derzeit im Innern des Hauses abspielt, machten jedoch weder der Sprecher noch der Leiter der SBS, Saad Elgazar, konkrete Angaben. Gegen die Behauptung vom Geldmangel spricht, dass die SBS einem Hintergrundbericht des sächsischen Verfassungsschutzes vom Juni 2017 zufolge auch in Leipzig, Riesa, Meißen, Görlitz, Zittau und Dresden Immobilien angemietet, gekauft oder gepachtet hat. Der Inlandsgeheimdienst vermutet, die Finanzierung dieser Objekte sei nicht allein durch Spendensammlungen in den kleinen Gemeinden zusammengekommen. Allein das Haus in Pirna soll 260 000 Euro gekostet haben.

Zudem beschränkt sich die SBS nicht auf Tätigkeiten in Sachsen. Nach ­Erkenntnissen des Brandenburger Verfassungsschutzes soll der Leiter der SBS über die Ländergrenzen hinweg versuchen, »aus Mangel an Gebets­räumen Einfluss auf Muslime in Brandenburg zu nehmen, die im Zuge der Flüchtlingswelle nach Deutschland gekommen« sind. In Luckenwalde unternimmt der Verein demnach Ähnliches. Der Verfassungsschutz beriet wegen dieser Entwicklung auch die Stadt Wriezen. In Brandenburg an der Havel betreibt die SBS bereits eine Moschee.

In seinem Hintergrundbericht hat der sächsische Inlandsgeheimdienst auch antisemitische Äußerungen Elgazars in sozialen Netzwerken zusammengetragen, die dessen »dezidiert anti­semitische Grundeinstellung« widerspiegeln. Neben Solidaritätsbekundungen für die ägyp­tischen Muslimbrüder und deren palästinensischen Ableger Hamas verbreitete Elgazar unter anderem ­unkommentiert eine Rede von Ismail Haniya, einem der höchsten Funktionäre der Hamas, in der dieser Israel mit der Vernichtung droht. Doch der Leiter der SBS lässt nicht nur andere sprechen. »In weiteren selbstverfassten Beiträgen äußert sich Elgazar hinsichtlich einer jüdischen Weltverschwörung«, so der Verfassungsschutz.