Sanktionen und ihre Macht über unser Leben

Der Mister und die Master

Kolumne Von

Sanktionen aus Amerika! Gegen Deutschland! Dass man das noch mal erleben darf. Der US-Botschafter Richard Grenell hat den Traum ­vieler erfüllt – und deutschen Firmen gedroht, die sich an der Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligen: Dies könne »ein erhebliches Sank­tionsrisiko nach sich ziehen«, so der Diplomat. Was für manche viele Jahrzehnte zu spät kommt, sorgt bei anderen für nationale Aufwallungen. So forderte der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Fabio De Masi, die Bundesregierung auf, Grenell einzu­bestellen. »Der US-Botschafter hat offenbar den Eindruck gewonnen, er sei der Statthalter eines Imperators aus Washington in Deutschland.« Auf Twitter fragte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner, das Besatzungsstatut der Nachkriegsjahre zitierend: »Ob Mister Grenell weiß, dass die Zeit der Hohen Kommissare in Deutschland vorbei ist?« Das weiß Grenell bestimmt! Und sicher weiß er auch, was für eine dumme, ja geradezu fahrlässige Idee der voreilige Abzug der Kommissare aus Deutschland war. Ein solcher Hoher Kommissar könnte beispielsweise De Masi auslachen, der sich vor dem Eingriff von Imperatoren da fürchtet, wo Deutschland und Russland schon seit Jahren die Sahnestücke unter sich aufteilen. Er könnte dem Herren Stegner auch das superprovinzielle »Mister« verbieten, das immer dann aufploppt, wenn sich deutsche Herrenmenschen mit extrem übersichtlichen Englischkenntnissen von Amerika kujoniert fühlen.

Dabei ist die Mehrheit der Deutschen sogar der Überzeugung, dass Sanktionen wirken: 65 Prozent der Befragten befürworten Sanktionen, nur 28 Prozent lehnen sie ab, so eine repräsentative Umfrage von Kantar/Emnid. Zwar nur für Hartz-IV-Empfänger, aber eine Ausweitung auf den Gassektor sollte wohl auch hier Hilfe zur Selbsthilfe stimulieren! Und wäre schließlich auch nur im Sinne jenes Schröder, der beides, Hartz IV und Pipeline, überhaupt erst möglich gemacht hat.