Israelische Frauen sprechen über ihr Engagement für Gleichberechtigung beim Militär

Gegen den Chauvinismus

Eine ganze Reihe Frauen bei den israelischen Streitkräften und in der israelischen Politik haben dafür gekämpft, dass Männer und Frauen im Militär gleichberechtigt werden. Lisa Bertel und Oliver Vrankovic haben mit Generalleutnantin a. D. Orit Adato, Brigadegeneralin der Reserve Gila Klifi-Amir, Oberst a. D. Miri Eisin und der ehemaligen Knesset-Abgeordneten Naomi Chazan (Meretz) über deren Engagement und Erfahrungen gesprochen.

Im November 2017 wurde in Israel ein Pilotprojekt zum Einsatz von Frauen in Panzern erfolgreich abgeschlossen. Von 15 Frauen, die die Ausbildung zur Panzerkommandantin angetreten hatten, bestanden zehn das harte Training und die medizinischen, psychologischen und physischen Tests.

Im August 2018 wurde die erste Frau Staffelkommandantin der israelischen Luftwaffe. Sie befehligt das Nachschon-Geschwader, das hauptsächlich für Luftaufklärung und Frühwarnung zuständig ist.
Im November 2018 gab die israelische Armee bekannt, dass die ersten Absolventinnen des Offizierskurses der Marine auf den neuen Sa’ar-6-Klasse-Korvetten als kämpfende Soldatinnen dienen.

Die Integration der Frauen hatte eine Reihe positiver Effekte. Durch den gemeinsamen Dienst wurde es schwieriger, Frauen von bestimmten Positionen auszuschließen oder ihnen Beförderungen in hochrangige Positionen zu verwehren.

Ausgeräumt ist die Ungleichheit beim Militär damit allerdings noch nicht. Obwohl etwa 40 Prozent der Leutnante und Oberleutnante in der israelischen Armee Frauen sind, nimmt der Frauenanteil mit aufsteigendem Rang ab. Bei den Oberstleutnanten sind 14 Prozent Frauen, bei den Obersten lediglich zwei Prozent. Im nächsthöheren Rang des Brigadegenerals gibt es nur vier Frauen.

Orit Adato erreichte in ihrer Karriere den Rang des Generalleutnants, den höchsten Dienstgrad der israelischen Armee. 2000 wurde sie zur Oberbefehlshaberin des israelischen Gefängnisdienstes ernannt und damit als erste Frau in Israel Drei-Sterne-Generalin.

Als Adato ihre Arbeit beim Gefängnisdienst antrat, gab es nur zwei Oberaufseherinnen, eine für ein Frauen- und eine für ein Jugendgefängnis. Alle Frauen im israelischen Gefängnisdienst hätten in »Frauenberufen« gearbeitet, erzählt sie. Nach dreieinhalb Jahren unter Adatos Führung zählte der israelische Gefängnisdienst sieben Oberaufseherinnen. Und dies geschah nicht in ruhigen Zeiten, sondern in der Hochphase der zweiten Intifada von 2000 bis 2003.

Ihren Militärdienst begann Adato im Jahr 1973, kurz vor dem Jom-Kippur-Krieg. Obwohl sie zur Artillerie wollte, verbrachte sie fast ihren gesamten Wehrdienst in einer Ausbildungskaserne des Frauenkorps, wo sie Staffelkommandantin, Ausbildungsoffizierin und Zugkommandantin wurde. 1992 begann sie die Ausbildung zum Oberst. An der Universität war sie die einzige Frau in ­einer Klasse von 36 Kandidaten. Um studieren zu können, musste sie das Selbstbewusstsein zeigen, das gemeinhin Männern zugeschrieben wird – und war erfolgreich. 1994/1995 befehligte sie zwei Ausbildungskasernen des Frauenkorps im Zentrum des Landes.

Bis 2001 gehörten alle Soldatinnen automatisch dem Frauenkorps an. Die mit der Gründung der israelischen Streitkräfte 1948 geführte Debatte, ob Frauen den Befehlshabern in geschlechtlich gemischten Truppen nach dem Vorbild des Palmach, den Stoßtruppen der paramilitärischen Haganah, oder den Befehlshabern einer separaten Truppe nach dem Vorbild der Britischen Armee unterstehen sollten, wurde mit einer Art Kompromiss gelöst: Alle Frauen gehörten automatisch dem Frauenkorps an und absolvierten dort ihre Grundausbildung. Danach kamen sie unter das Kommando der Einheiten, denen sie als Soldatinnen zugeteilt wurden. Das Frauenkorps war weiterhin zuständig für Offizierslehrgänge, Disziplinarverfahren, Beförderungen, militärjuristische Angelegenheiten, medizinische ­Beschwerden und die Ausrüstung der Frauen.

Es gab bei der direkten Unterstellung unter die Befehlshaber der jeweiligen Einheiten jedoch Ausnahmen: Über den Grenzübertritt von Frauen entschied das Frauenkorps. Während des ersten Libanon-Kriegs 1982 war Adato für ungefähr 1000 Soldatinnen verantwortlich, die als Krankenschwestern, Sachbearbeiterinnen oder Ingenieurinnen in Infanterieeinheiten beschäftigt waren und nur mit ihrer Erlaubnis ihren Einheiten über die Grenze folgen durften. Adato musste mehrere Male während des Krieges in den Libanon, um zu entscheiden, wo die Grundvoraussetzungen herrschten, die es Soldatinnen erlaubten, jenseits der Grenze zu dienen.
Vom Frauenkorps zur Frauen­beauftragten im Generalstab

1998 nannte Adato als Befehlshaberin des Frauenkorps dessen Selbst­auf­lösung als Ziel. 2018 sagte sie, dass es ihr zur Zeit der Jahrtausendwende unzeitgemäß erschienen sei, Frauen und Männer getrennt voneinander für die gleichen Positionen auszubilden und Soldatinnen und Soldaten derselben Einheit nicht einem einheitlichen Befehl zu unterstellen. Der Prozess, die getrennte Zuständigkeit aufzulösen, so erinnert sich Adato, habe 1996 begonnen und es habe vier Jahre gedauert, bis die endgültige Entscheidung getroffen worden sei, die »Befehlshaberin des Frauenkorps« zur »Beraterin des Generalstabschefs für Frauenfragen« (mittlerweile: Genderfragen) zu machen.

 

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