Laborbericht

Wildwest im Weltraum

Wem gehört der Mond? Wie der Kapitalismus das Weltall erobert.
Kolumne Von

Pünktlich zur Reisesaison können betuchte Weltenbummler, die schon alles gesehen haben, ein neues Ziel auf ihre Liste setzen: Für 31.000 Euro pro Übernachtung will die Nasa die Internationale Raumstation ISS für Weltraumtouristen öffnen. Auch andere kommerzielle Aktivitäten sind auf der Station der neuen Direktive der US-Raumfahrtbehörde zufolge künftig erlaubt: Unternehmen sollen dort produzieren oder auch Marketingaktionen durchführen dürfen. Immerhin sollen die Aktivitäten einen »Bezug zum Aufgabenbereich der Nasa« aufweisen – was je nach Auslegung allerdings nicht ausschließt, dass es demnächst Werbespots für Fitnessarmbänder oder Ähnliches mit US-Astronauten in der Hauptrolle zu bewundern gibt. Deren »Arbeitskraft und Expertise« gehören jedenfalls ausdrücklich zu den von der Nasa vermarkteten Angeboten.

Die Einnahmen sollen dem Vorhaben der USA zugute kommen, im Jahr 2024 wieder Menschen auf den Mond zu bringen. Dahinter steckt nicht nur eine Laune von US-Präsident Donald Trump: Auch der Erdtrabant ist längst nicht mehr vor wirtschaftlichen Begehrlichkeiten gefeit. Im Mai schlossen die USA und das bisher nicht als Raumfahrtnation bekannte Luxemburg eine Vereinbarung über verstärkte Zusammenarbeit in der Weltraumindustrie, dazu gehört der Abbau von Rohstoffen im Weltall, was neben Asteroiden und fremden Planeten auch den Mond einschließt. Private Raumfahrtunternehmen wie Elon Musks SpaceX oder die von Amazon-Chef Jeff Bezos gegründete Firma Blue Origin stehen schon bereit, um sich eine profitable Position im erwarteten Boom des Weltraumbergbaus zu sichern.

Der internationale Weltraumvertrag von 1967 legt lediglich fest, dass »Tätigkeiten nichtstaatlicher Rechtsträger« der Kontrolle der jeweils zuständigen Staaten unterliegen. Theoretisch könnte also jeder, dem die nötigen technischen und finanziellen Mittel sowie eine willige Regierung zur Verfügung stünden, den Mond ganz legal bis zum letzten Krümel abtragen.

Ein solches Szenario wird noch eine Weile Science-Fiction bleiben, die weitgehend ungeregelte Nutzung des erdnahen Orbits führt hingegen bereits jetzt zu Konflikten. Am 24. Mai hat SpaceX die ersten 60 von geplanten 12 000 Satelliten seines Starlink-Programms gestartet, die einen weltweiten lückenlosen Internetzugang bereitstellen sollen. Das verschärft nicht nur das Problem mit wachsenden Menge an Weltraumschrott, der die Raumfahrt gefährdet; auch die Himmelsbeobachtung dürfte durch die reflektierenden und zudem auch noch die Radioastronomie störenden Starlink-Satelliten leiden oder sogar unmöglich werden, befürchten Kritiker. Vielleicht wird der erste »Krieg der Sterne« also nicht zwischen Nationen ausgetragen, sondern zwischen Privatunternehmen und aufgebrachten Astronomen, die sich den Blick ins All freischießen.