Babsi Tollwut über Sexismus im Deutschen Rap

»Von der Gefickten zur Fickerin werden«

Seite 3
Interview Von

Du schreibst auf Facebook, du willst »gegen abartige patriarchale Ekelhaftigkeit anrappen«. Kann Sprache politische Veränderung bewirken?
Auf jeden Fall. Sprache ist das, womit alle Menschen ständig in Verbindung sind. Sprache repräsentiert auch die gesellschaftliche Macht. Man kann mit Sprache richtig viel verändern. Wenn ich mich zurück erinnere, als ich angefangen habe, ­Gender Studies zu studieren, wie sich alle angekackt haben, wenn man mal einen Unterstrich gemacht hat, von wegen der Lesefluss sei gestört. Und wie es ihnen schlecht ging wegen so einem verkackten Unterstrich. Mittlerweile sind Stellenanzeigen mit Sternchen gegendert, das macht natürlich etwas in meinem Kopf, wenn ich das als Person lese, die sich nicht in die Kategorien männlich oder weiblich einordnen will. Es geht ja nicht immer nur darum, die ganzen Arschlöcher da draußen zu therapieren, sondern auch darum, die Leute, die betroffen sind, zu empowern. Also ja, man kann mit Sprache eine Menge bewirken. Es macht einen großen Unterschied, ob ich die ganze Zeit furchtbare Dinge sage und Menschen in meiner Sprache abwerte, oder ob ich das nicht tue.

Wie könnten Strategien gegen Sexismus im Rap aussehen?
Ich glaube, alle Leute haben ihren eigenen Umgang damit. Es gibt tausend Wege, etwas zu tun. Ich trete auf Demos auf, versuche weibliche MCs zu unterstützen. Andere schreiben einen Track über Sexismus und wieder andere rücken ihre Musik in den Fokus und haben keine Lust mehr, nur über Sexismus zu reden, weil sie Frauen sind.

Du bezeichnest dich selbst als queerfeministische Rapperin, deine Songs sind sehr politisch. Werden politische Forderungen in drei Minuten nicht zwangsläufig verkürzt?
Es ist ja klar, dass ich in einem Track nicht vollständige Analysen liefern kann, wie ich sie vielleicht in einer 300 Seiten starken Dissertation geben könnte. Wenn ich einen Track schreibe, streiche ich am Ende immer etwas raus. Ich habe immer zu viel. Ich verkürze mich ja schon selber, aber ich will auch nicht mein ästhetisches Empfinden hinten anstellen. Ich werde es nicht schaffen, in drei Minuten eine stabile Analyse des Kapitalismus zu bieten, wahrscheinlich bin ich dazu intellektuell auch gar nicht in der Lage. Ich finde dieses Wegducken aber auch nicht gut, zu sagen: »Wir machen jetzt keine politische Musik mehr, dann kann auch nichts Schlimmes oder Verkürztes mehr gesagt werden.«