נושא - In Israel bestimmt die Herkunft das Wahlverhalten stark

Die Herkunft wählt mit

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Auf 770.000 Stimmen wird das Potential dieser Gruppe geschätzt. Das sind zwölf Prozent von 6,3 Millionen Wahl­berechtigten, was 15 oder 16 von 120 Sitzen in der Knesset entspricht. Kein Wunder, dass diese Wählergruppe nicht nur von Yisrael Beiteinu heftig um­worben wird. Eine neue Studie des Politologen Zeev Hanin von der Universität Bar-Ilan, die die Times of Israel in Auftrag gegeben hat, zeigt, dass im April 40,2 Prozent der Stimmen der Israelis aus der ehemaligen Sowjetunion an Yisrael Beiteinu gingen. 26,7 Prozent aus dieser Gruppe hatten Netanyahus Likud gewählt, 15,1 Prozent Blau-Weiß, aber nur 2,3 Prozent die Arbeitspartei und marginale 1,5 Prozent die sephardisch-orthodoxe Partei Shas.

Im Vergleich zu den Wahlen von 2015 ist der Anteil derer, die für Yisrael Beiteinu und den Likud gestimmt hatten, um jeweils zwei Prozentpunkte und mehr gesunken. »Das macht die ›Russen‹ aber nicht automatisch zu Linken«, betont Hanin. 2015 hatten 6,3 Prozent die Arbeitspartei gewählt, im April 2019 aber nur 2,3 Prozent. Und während 14 Prozent aller Israelis sich zuletzt für eine linke Partei entschieden, so waren es bei den »Russen« gerade einmal acht Prozent.

»Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion glauben eher an eine starke Führung als an einen demokratischen Apparat«, sagt Larissa Remennick. »Die neunziger Jahre unmittelbar nach dem Zusammenbruch haben sie im Wesentlichen als Chaos in Erinnerung: Es gab weder Recht noch Ordnung, von Arbeit ganz zu schweigen«, so die Soziologin, die an der Studie mitge­arbeitet hat. Bei den in Israel sozialisierten Jüngeren, die die Wissenschaftler als »Generation 1.5« bezeichnen, sieht das schon ganz anders aus. »Sie sind deutlich ambivalenter«, so Remennick. 25 Prozent definieren sich politisch eher als links, aber acht Prozent als weiter rechts als ihre Eltern.

Im Gegensatz zu den »Russen« haben es die 140.000 Israelis äthiopischer Herkunft bislang nicht geschafft, ihr demographisches Gewicht in eine ­angemessene politische Repräsentation umzuwandeln. Zwar trat im Frühjahr mit Kol Israel Achim LeSchivion Hevrati, was so viel wie »Ganz Israel vereint als Brüder für soziale Gleichheit« bedeutet, eine »äthiopische« Partei an, sie brachte es aber auf gerade einmal 0,3 Prozent der Stimmen. Dabei ist die Liste der Probleme, mit der Israelis äthiopischer Herkunft zu kämpfen haben, recht lang, von der Benachteiligung im Schulwesen über erlittene Polizeigewalt bis hin zur Diskriminierung durch die Institutionen der Orthodoxie. Immer wieder entlädt sich ihr Unmut deshalb in heftigen Protesten wie zuletzt im Juli.