Portugal nach der Wahl

Links gewinnt

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Rechtspopulistische Parteien hatten in Portugal bislang keinen Erfolg, doch dieses Mal gelang es der neuen rechtsextremen Partei Chega (Es reicht) mit 1,3 Prozent der Stimmen, einen Abgeordneten, den Parteivorsitzenden André Ventura, ins Parlament zu entsenden. Unter dem Jubel seiner Mitstreiter behauptete er, »eine demokratische Partei« zu führen, es sei »nicht an der Zeit für Alarmismus«. Chega betreibt eine nationalistische Politik und verwendet eine gegen Migranten gerichtete Rhetorik. Zuletzt wetterte Ventura gegen die Unterstützung von Roma und Sinti, gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und gegen Aufenthaltsbewilligungen für Immigranten und Flüchtlinge. Man wolle sich mit der spanischen Partei Vox koordinieren, hieß es. Diese war bei den Wahlen im April als erste rechtsextreme Partei seit dem Ende des Faschismus ins spanische Parlament eingezogen.

Die tiefe Wirtschaftskrise ist überwunden, ein Großteil der Schulden bei der Troika wurde vorzeitig abbezahlt, die Arbeitslosigkeit liegt auf einem Tiefststand (6,7 Prozent). Investitionen aus dem Ausland, Tourismus- und Gründerboom sorgen für ein ansehnliches Wirtschaftswachstum. 2018 hatte Portugal ein Haushaltsdefizit von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukt. Optimismus dominiert, wohl auch deshalb konnte der Rechtspopulismus bislang kaum Fuß fassen. Neonazis und Nostalgiker der von António de Oliveira Salazar geprägten Diktatur, die Portugal bis zur Nelkenrevolution 1974 regierte, haben nur sehr wenige Anhänger. Migration ist in Portugal eigentlich kein Wahlkampfthema. Für Auseinandersetzungen sorgten vielmehr die Forderungen der Beamten und Lehrkräfte nach mehr Gehalt, auch Krankenpfleger und Ärzte streikten. Vielen Menschen, insbesondere in den touristischen Zentren Lissabon und Porto, bereiten zudem die steigenden Mieten Sorgen. Des Weiteren beschäftigen Umweltthemen, wie der Klimawandel, Waldbrände und Wasserschutz sowie der geplante Lithium-Tagebau auf dem Gebiet des Dorfs Morgade – wo man zum Wahlboykott aufrief –, viele Portugiesinnen und Portugiesen weitaus mehr als das Thema Einwanderung.

Portugal ist seit langem ein Emigra­tionsland, nicht nur seine ehemaligen Kolonien wie Brasilien, Angola und Mosambik lockten viele. Derzeit haben über 1,5 Millionen Portugiesen ihren Lebensmittelpunkt im Ausland. Während der Wirtschaftskrise vor rund zehn Jahren verließen viele Portugiesen das Land. Vor allem junge, gut ausgebildete Leute gingen damals oft nach Deutschland, Großbritannien oder Frankreich. Nun zieht es viele wegen der positiven Entwicklung wieder zurück nach Portugal. Die Regierung initiierte mit dem Unternehmerverband und Universitäten ein »Rückkehrprogramm«, das Steuernachlässe, Förderungen und Arbeitsvermittlung insbesondere in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Technologie vorsieht. Das Lohnniveau in Portugal ist nämlich weiterhin deutlich niedriger als in vielen anderen europäischen Ländern.