Der rot-grüne Senat in Hamburg will vor der Bürgerschaftswahl im Februar noch schnell ein neues Polizeigesetz durchbringen

Rot-grüner Grundrechtseingriff

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Im Bereich der präventiven Polizeiarbeit soll die Polizei neue Befugnisse erhalten. So soll sie künftig »automa­tisierte Anwendungen zur Datenanalyse« nutzen dürfen. Gemeint sind damit neue Analyseprogramme, die eine Vielzahl personenbezogener Daten miteinander verknüpfen und auswerten können. Christiane Schneider sagte der Jungle World: »Der Polizei soll ermöglicht werden, Persönlichkeitsprofile zu erstellen oder Beziehungen gespeicherter Personen zu anderen Personen, Gruppen oder auch Orten auszuleuchten.« Die Polizei soll die dazu erforderliche Software vorbeugend und ohne konkreten Anlass anwenden dürfen. Dies könnte polizeiliches Eingreifen bei bloßem Verdacht auf künftige Straftaten ermöglichen.

Mit der neuen Software könnte die Polizei voraussichtlich auch auf größere Datenmengen zugreifen, da die Frist für die Speicherung personenbezogener Daten in bestimmten Fällen verlängert werden soll. Gemäß dem derzeit noch gültigen Polizeigesetz, das 2005 unter einer Alleinregierung der CDU verabschiedet wurde, müssen personenbezogene Daten nach zehn Jahren gelöscht werden. Der Gesetzentwurf für ein neues Polizeigesetz sieht vor, dass jede neue Eintragung in einer Hamburger Polizeidatenbank bewirkt, dass frühere Eintragungen erst zehn Jahre, nachdem die neue Eintragung erfolgt ist, gelöscht werden müssen. Eine weitere Neuerung betrifft die Verwendung der elektronischen Fußfessel. Bisher durfte diese nur zur Überwachung von verurteilten Straf­tätern, die unter Führungsaufsicht stehen, eingesetzt werden. Künftig sollen auf richterliche Anordnung auch terroristische Gefährder und Beziehungs­täter mit Hilfe der Fußfessel überwacht werden dürfen.

Da der Senat mit dem neuen Polizeigesetz die EU-Datenschutzrichtlinie von 2016 und das BKA-Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus demselben Jahr umsetzen muss – das Gericht erklärte damals die Überwachungsbefugnisse des Bundeskriminalamts bei der Terrorabwehr teilweise für verfassungswidrig –, soll das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in einigen Punkten besser geschützt werden. So sollen künftig einige Maßnahmen der Polizei, etwa die Überwachung von Verdächtigen, unter Richtervorbehalt stehen, also nur noch erfolgen dürfen, wenn ein Richter oder eine Richterin sie anordnet. Einige polizeiliche Maßnahmen, die andere Bundesländer bereits eingeführt haben, enthält der Entwurf nicht. Zu diesen zählt etwa die Online-Durchsuchung von Computern, Tablets oder Smartphones mittels Spionagesoftware, die häufig als »Staatstrojaner« bezeichnet wird. Das derzeit noch gültige Polizeigesetz hält allerdings bereits etliche Maßnahmen bereit, die andere Bundesländer erst kürzlich eingeführt haben, etwa den Einsatz von Tasern, den Präventivgewahrsam und die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung, bei der Kommunikationsdaten vor der Verschlüsselung erfasst werden.