»No Home Record« ist Kim ­Gordons erstes Soloalbum

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Dass Gordon auch nach Sonic Youth wieder Musik veröffentlichen würde, stand außer Frage. Aber dass es dann so rege weiterging, spricht für ihre Umtriebigkeit und dafür, dass sie nach dem Ende der Bandkarriere keineswegs in eine künstlerische Krise geraten ist. Es gab in den vergangenen Jahren beispielsweise ein Bandprojekt namens Body/Head mit Bill Nace, die beiden veröffentlichten 2018 ihr zweites Album. Mit Alex Knost wiederum bildete sie Glitterbust, 2016 erschien ein experimentelles E-Gitarren-Album.

Vorbild für Frauen an Instrumenten: Kim Gordon bei einem Auftritt in Brooklyn 2018.

Bild:
Cmjamesphoto / Wiki Commons

Nun erscheint also die erste Platte, auf der einzig Kim Gordons Name steht. Der Albumtitel »No Home Record« kann als eine Referenz an den Dokumentarfilm »No Home Movie« von 2015 verstanden werden. Die in dem Jahr verstorbene belgische ­Filmemacherin Chantal Akerman interviewte in ihrem letzten Film ihre Mutter, die den Holocaust überlebt hat. Die Negation der Begriffe »Heim« beziehungsweise »Heimat« im Albumtitel lässt sich aber auch so deuten, dass Gordon selbst in den vergangenen Jahren heimatlos wurde beziehungsweise eine neue Heimat gefunden hat: in Los Angeles, wo sie geboren und aufgewachsen ist und wohin sie nach Jahrzehnten an der Ostküste wieder zurückgekehrt ist.

Sie habe zunächst eine verrückte Jazz-Platte machen wollen, kommentierte Gordon in einem Interview ihr erstes Soloalbum. Jazzig ist es nicht, verrückt ist das Album aber durchaus. Fast alle der neun Songs machen es den Hörern nicht leicht, wollen irritieren statt gefallen, sind sperrig und experimentell, entziehen sich einer einfachen Einordnung und verzichten auf eingängige Melodien.

Es ist Musik, die mit dem Werk von Sonic Youth verwandt ist, aber Gordons Handschrift trägt und vor allem von ihrem markanten Gesang geprägt ist. Dissonante Klänge treffen auf Anleihen von Neunziger-Jahre-Trip-Hop und Elektro, gemischt mit Noise und Beats. Einzig der nervös-punkige Titel »Hungry Baby« hat einen gewissen Wiedererkennungswert. Ein wenig untypisch für den Sound der Platte ist auch die melancholische Ballade »Earthquake«, ein kurzer Moment der Ruhe und des Innehaltens, die fern an Velvet Underground erinnert: »If I could cry and shake for you,/ I’d lay awake for you,/ I got sand in my heart for you.«