Shira Abbo über die Lage Asylsuchender in Israel

»Anerkennungsquote von 0,48 Prozent«

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Interview Von

Für welche weiteren Punkte setzt sich Ihre Organisation derzeit ein?
Unter anderem dafür, dass die Entscheider in den Asylverfahren bessere Informationen über die Herkunftsländer erhalten. Außerdem sollten sich die Asylverfahren enorm beschleunigen. Bisher existiert kein Zeitlimit. Die Verfahren können deshalb schier endlos in die Länge gezogen werden, weshalb die Flüchtlinge seit Jahren in der Luft hängen. Einige kongolesische Asylsuche leben sogar schon seit den neunziger Jahren in Israel.
Daneben versuchen wir zu erreichen, dass mit asylsuchenden LGBTI sensibler umgegangen wird. Wir betreuen immer wieder Fälle, in denen deutlich wird, dass die Sachbearbeiter ihren Entscheidungen vollkommen undifferenzierte Vorstellungen von Homosexualität zugrunde legen. So wurde kürzlich der Asylantrag eines Nigerianers abgelehnt, nur weil er die Namen von bisherigen Sexualpartnern und einschlägigen Gay-Clubs in Nigeria nicht nennen sowie die Pride-Flagge nicht identifizieren konnte. Hier erwarten wir mehr Verständnis für die spezifische Situation des Antragstellenden, denn in Nigeria ist Homosexualität gesellschaftlich tabuisiert und wird vom Staat verfolgt, teils auch mit der Todesstrafe (in den Bundesstaaten, in denen die Sharia gilt, Anm. d. Red.).

Was hat die Hotline seit ihrer Gründung 1998 erreicht?
Wir waren 2018 stark daran beteiligt, Abschiebepläne zu verhindern, die kongolesische, eritreeische und sudanesische Geflüchtete betrafen. Dazu kommt die erwähnte Reduzierung der maximalen Dauer der Administrativhaft im Internierungszentrum Holot, die wir vor Gericht erstritten haben. Auch das Zustandekommen von zwei Gesetzen gegen Menschenhandel in den Jahren 2000 und 2006 zählt zu unseren großen Erfolgen. Freiwillig gibt der Staat nichts, für alles müssen wir uns in schweißtreibenden Kämpfen einsetzen.