Neonazi-Partei »Die Rechte«

Der Nazi als Israelkritiker

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Von diesem Ungeist war auch der Europawahlkampf der Partei geprägt. Als Spitzenkandidatin hatte »Die Rechte« die mehrfach verurteilte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck aufgestellt. Auf ihren Wahlplakaten warb die Partei mit dem Spruch »Israel ist unser Unglück«, angelehnt an Heinrich von Treitschkes Satz »Die Juden sind unser Unglück«, der seit 1927 Leitspruch des NS-Wochenblatts Der Stürmer war. Mehrere Städte und Gerichte beurteilten diese Parole als volksverhetzend und ließen die Plakate wieder entfernen. Haverbeck konnte keinen Sitz im Europaparlament erringen und ist weiterhin in der Justizvollzugsanstalt Brackwede inhaftiert. Grund genug für die Neonazis, wie bereits im vergangenen Jahr für den 9. November für die 90jährige Holocaustleugnerin eine Demonstration in Bielefeld unter dem Motto »Freiheit für Ursula Haverbeck« anzumelden.

Die Polizei wollte den Aufmarsch verbieten, weil der 9. November als historisches Datum untrennbar mit den Novemberpogromen von 1938 verbunden ist: In der Nacht vom 9. auf den 10. November brannten damals deutschlandweit Synagogen, jüdische Geschäfte wurden zerstört und Tausende Juden wurden verhaftet, getötet oder misshandelt. Die Novemberpogrome gelten als Beginn der organisierten Ermordung der europäischen Juden. Das Verwaltungsgericht Minden kippte jedoch das Verbot der Demonstration an diesem Tag: Nach Auffassung des Gerichts weist das benannte Thema der geplanten Demonstration keine Stoßrichtung gegen das Gedenken an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft auf. Eine solche ergebe sich auch nicht aus sonstigen Umständen. Klaus Rees vom örtlichen »Bündnis gegen rechts« kritisierte die Entscheidung: »Uns scheint das sehr seltsam zu sein, wenn das Verwaltungsgericht sagt, sie sehen keinen inhaltlichen Zusammenhang zwischen einer Demo für eine Holocaustleugnerin, die mehrfach verurteilt ist und zu Recht im Gefängnis sitzt, und dem Gedenken an den Judenpogrom«, sagte er dem WDR.

Ihre wöchentlichen Demonstrationen meldeten die Dortmunder Neonazis unter dem Titel »Montag für Meinungsfreiheit« an. Ihre Meinungsäußerung bestand darin, immer wieder durch die migrantisch geprägte Dortmunder Nordstadt zu ziehen und fremdenfeindliche und antisemitische Parolen zu skandieren. Bei vielen Anwohnerinnen und Anwohnern sorgte das für Unverständnis. Ein Anwohner, der anonym bleiben möchte, berichtet: »Jeden Montag werden hier die Straßen abgesperrt und wir stehen auf dem Weg zum Einkaufen oder nach Hause vor Polizisten in Kampfanzügen. Wenn man sieht, wie diese Nazis mit ihren Fahnen an der eigenen Wohnung vorbeiziehen, dann gruselt man sich.« Neben den antifaschistischen Gruppen schlossen sich deswegen auch viele Anwohner den Protesten an.