Caroline Polacheks Soloalbum »Pang«

Im Strudel der Zeiten

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In »The Gate«, der Einleitung des Albums, steht die Sängerin vor dem Tor zu dieser geheimnisvollen Welt. Eine Stimme spricht: »Finally there’s a way / to feel both free and safe«. Türen tauchen immer wieder in den Texten auf. »I open the door and you run through«, heißt es im Titelsong. Diese Zeile verweist auch auf die Single »Door«: »You open the door to another door to another door to another door / and I’m running through«. »Pang« erweist sich als immersive Phantasiewelt, in die Polachek eingetreten ist und durch die sie sich ihren Weg bahnen muss. Zu dieser Phantasiewelt stellt die Anonymität der Großstadt das Gegenstück dar. »Back in the city I’m just another girl in a sweater«, singt Polachek.
Polacheks wichtigstes Instrument ist ihre Stimme. Sie ist eine besonders ausdrucksstarke Sängerin, also das Gegenteil von dem, wofür ihr ­Co-Produzent und PC Music bekannt geworden sind. Harles bevorzugte Entfremdungseffekte setzt Plachek ein, um ihre textlichen Ideen zu ­verbildlichen oder ihren durchaus radiotauglichen Popsongs surreale Twists zu geben, durch die sie dann doch klingen wie nichts, was man in den Charts erwarten würde.

»New Normal« ist einer der ungewöhnlichsten Tracks der Platte. Er hat keinen Refrain, reiht stattdessen Strophe an Strophe aneinander, während die Tonspur im Hintergrund mehrere Metamorphosen durchläuft. »Now what is this?«, wird am Anfang jeder Strophe gefragt, gefolgt von der Beschreibung einer Reihe ­irreal wirkender Ereignisse. Mit der Zeile »Last night I dreamed you and I were immortal /It’s no big deal, this new kind of normal« endet der Song. Die Utopie versteckt sich im Unbewussten. Dort vereinigen sich die Unmittelbarkeit und die Entrücktheit des Albums zu einer so surrealen wie persönlichen Variante der fast ein Jahrhundert alten Suche der Popkultur nach einem Leben unbegrenzter Möglichkeiten.

Das zweite Viertel des Albums widmet sich der Überforderung durch diese utopische Zukunft. »I’m feeling like a butterfly trapped inside a plane« heißt es in »Hit Me Where It Hurts«. Den Höhepunkt dieser Krise thematisiert das Lied »Insomnia«, dem auch der letzte Rest konventioneller Popstruktur abhanden gekommen ist. Die Schlaflosigkeit versperrt den Weg in die ideale Traumwelt, die gerade noch zum Greifen nah war. »I still got your heat«, klagt ­Polachek, und ein Effekt entreißt ihr das letzte Wort, das in die Höhe schießt und dort nachklingend verpufft.