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Von Ejakulation bis Existentialismus

Auf einer Straße in Los Angeles bewegt sich eine Gruppe aus bizarren Gestalten in V-Formation auf die Kamera zu. Einige sind hautlos, anderen haben statt einem Kopf einen Penis auf den Schultern und wieder andere verfügen über eine ungewöhnliche Anzahl an Extremitäten. Dieser Ausschnitt aus dem Musik­video des Songs »When You’re Ugly« vom Album »Time« des kalifornischen Multiinstrumentalisten Louis Cole dürfte den Hörer gut auf das inhaltliche und musikalische Erlebnis einstimmen, das diese Platte darstellt. Cole auch als Mitglied des Jazz-Funk-Duos Knower bekannt. Thematisch behandelt der Künstler, der bei Shows schon mal in einem Jumpsuit mit Leopardenmuster auftritt, auf seinem mittlerweile dritten Solo­album alles: von existentieller Angst über eine Absage an gesellschaftliche Schönheitsstandards bis zum Gefühl der ­unschönen Rückkehr zur Realität nach der Ejakulation.
Dem Online-Magazin The Line of Best Fit sagte er dazu in einem Interview im April, dass er in jedem Kontext versuche, witzig zu sein. Deswegen seien seine Texte etwas derb, »’cause I can’t really talk like that«.
Auch musikalisch ist das Album im besten Sinne verrückt. Es bietet einen energiereichen Mix aus Jazz, Funk, Pop und unglaublich präzisen Drums. Jeder Song zieht den Hörer auf eine andere Art und Weise in den Bann. Ruhige Balladen und Groove-Hymnen wechseln einander ab und bleiben stets musikalisch interessant. Cole spannte für seine Arrangements auch mal ein 23köpfiges Streicher-Ensemble ein, um ganz im Sinne vom Brian Wilson, dem Mitgründer der Beach Boys, seinen persönlichen Wall of Sound zu erschaffen. Der Song »A Little Bit More Time« erfasst gut das Gefühl, das dem Hörer am Ende dieses wunderbaren Albums durch den Kopf geht: »More time/Does it have to end?/I don’t want it/Can I just stay here a little longer?«


Louis Cole: Time (Brainfeeder)