Small Talk mit Heike Mauer über den »Gender Report 2019«

»Ungerechte Bezahlung an der Uni«

Vor kurzem erschien der »Gender-Report 2019. Hochschulentwicklungen, Gleichstellungspraktiken, Gender Pay Gap«, der alle drei Jahre vom Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung Nordrhein-Westfalen erstellt wird. Vor der Konferenz »Please mind the gap – Geschlechter(un)gerechtigkeit an Hochschulen« am 11. Februar in Essen hat die Jungle World mit Heike Mauer, einer der Autorinnen der Studie, gesprochen.
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Was sind die wichtigsten Ergebnisse des Reports?

Der Report untersuchte erstmals auch den Gender Pay Gap. Wir haben herausgefunden, dass verbeamtete Professorinnen im Durchschnitt etwa 521 Euro im Monat weniger verdienen als ihre Kollegen, Familienzuschläge und Ähnliches sind da schon raus­gerechnet. Bei den wissenschaftlichen Beschäftigten ohne Professur und bei den Mitarbeitenden in Technik und Verwaltung gibt es ebenfalls klare Tendenzen: Frauen arbeiten häufiger als Männer auf befristeten Stellen und mehr in Teilzeit. Mit steigender Eingruppierung sinkt der Frauenanteil.

An den Berechnungen des Gender Pay Gap wird häufig kritisiert, dass völlig unterschiedliche ­Berufsgruppen miteinander verglichen würden. Dieses Argument trifft an den Hochschulen als öffentlichen Arbeitgebern nicht zu. Stärken Ihre Ergebnisse also die Kritik am Gender Pay Gap?

Der sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap, also der Vergleich zwischen Bruttostundenlöhnen von Frauen und Männern über Branchen hinweg, zeigt, wie Arbeit und Geschlecht zusammenhängen. Es geht um Lohndiskriminierung, die auch mit der ungleichen Verteilung von entlohnter und unentlohnter Arbeit zu tun hat, aber auch mit der ungleichen Bewertung von »Frauenjobs« und »Männerarbeit«. Das passiert auch an der Hochschule. Sekretariatsarbeitsplätze sind oft schlechter eingruppiert als technische Berufe. Die ungleiche Bezahlung bei den Professuren kann als bereinigter Gender Pay Gap bezeichnet werden: Professorinnen und Professoren verfügen über sehr ähnliche Qualifikationen und üben den gleichen Beruf als Hochschullehrende aus. Über die ungleiche Vergabe der Leistungsbezüge wird aber auch hier die Arbeit von Frauen abgewertet.

Was sind Ursachen für diese ungleiche Vergütung?

Durch die sogenannte W-Besoldung sind individuelle Leistungszulagen eingeführt worden, das hat den Gender Pay Gap erheblich vergrößert. Das Geschlecht ist hier ein entscheidender Faktor. Im Maschinenbau werden zwar insgesamt höhere Leistungsbezüge als in der Germanistik erzielt. In beiden Fällen fallen die Bezüge der Professorinnen jedoch geringer aus als bei ihren jeweiligen Kollegen.

Ist es an deutschen Hochschulen besonders schlimm?

Das ist schwer zu sagen, weil es insgesamt zu wenig Transparenz bei Löhnen und Bezügen gibt. Dabei zeigen Studien, dass die Herstellung von Transparenz und die Offenlegung von Gehaltsstrukturen den Gender Pay Gap in der Wissenschaft nachweislich senken.

Was können Hochschulen oder die Landesregierung tun?

Der Gender Pay Gap muss zunächst überhaupt sichtbar gemacht werden. Zugleich muss die Vergabepraxis der Leistungsbezüge geändert werden. Das betrifft die Hochschulen, es geht aber auch um das ­Beamtenrecht. Die Markteffekte, die mit der W-Besoldung Einzug in die Bezahlung von Professoren und Professorinnen gehalten haben, müssen zurückgenommen werden.