Smalltalk mit Barbara Jendro, Pressesprecherin des Adbusting-Kollektivs »Polizei abschaffen«, über die jüngsten Aktionen der Gruppe

»Die Beamten haben sie bis in die U-Bahn verfolgt«

Nachdem Mitglieder des Adbusting-Kollektivs »Polizei abschaffen« 40 polizeikritische Plakate in Berliner Schaukästen platziert hatten, wollten sie ihre Aktion am Mittwoch vergangener Woche der Öffentlichkeit vorstellen. Die Plakate kritisieren unter anderem, dass die Polizei lieber Adbusterinnen und Adbuster verfolgt, als den Rassismus in den eigenen Reihen zu untersuchen. Die Polizei unterbrach die unangemeldete Pressekonferenz im Berliner Ortsteil Tempelhof. Die »Jungle World« sprach mit der Pressesprecherin des Kollektivs, Barbara Jendro.
Small Talk Von

Welches Ziel verfolgt Ihre Gruppe?

Wir sind Adbusterinnen und Adbuster, die sich zusammengefunden haben, um die unrechtmäßige Repression gegen Adbusting zu kritisieren. Außerdem wollen wir die strukturelle Gewalt der Polizei anprangern und darauf aufmerksam zu machen, dass wir uns diese Repression nicht gefallen lassen. Als Kollektiv »Polizei abschaffen« ist das unsere erste Aktion.

Woraus bestand diese Aktion?

Bereits vor einer Woche haben wir Briefe an die Berliner Polizeidienststellen geschickt mit Auszügen aus den Akten der Berliner Staatsanwaltschaft, die für die Straffreiheit von Adbusting plädiert. Darin haben wir deutlich gemacht, warum Adbusting erlaubt ist und warum wir glauben, dass es überhaupt keinen Grund für strafrechtliche Verfolgung gibt. Dann haben wir die Plakate in der ganzen Stadt aufgehängt. Und zum Abschluss gab es diese Pressekonferenz gegenüber dem Eingang des LKA, wo die Abteilung Staatsschutz die Ermittlungen gegen Adbusting als Form der politischen Kriminalität führt.

Wie begründet die Staatsanwaltschaft ihre Beschlüsse?

Als ein Aktivist im Mai in Tegel beim Aufhängen von Plakaten erwischt wurde, kontrollierte die Polizei seine Personalien und beantragte einen Durchsuchungsbeschluss. Ermittelt wurde wegen Diebstahls und Sachbeschädigung. Die Staats­anwältin meinte jedoch, das sei gar nicht strafbar, beziehungsweise es sei nicht erkennbar, ob es überhaupt eine Strafbarkeit gebe. Sie argumentierte: Solange das Plakat, das ursprünglich im Kasten gewesen sei, da bleibe, und dasjenige Plakat, das mitgebracht worden sei, auch selbstgemacht sei, gebe es keinen Grund, von einem Diebstahl auszugehen. Auch eine Sachbeschädigung liege nicht vor, weil nichts kaputtgemacht worden sei.

Wie hat die Polizei auf Ihre Pressekonferenz reagiert?

Sie hat sie gestört. Um die Konferenz überhaupt stattfinden zu lassen, mussten wir eine Kontaktperson zur Verfügung stellen, die ihre Personalien herausgeben musste. Auch die Personalien der anwesenden Pressevertreter wurden kontrolliert, wenn sie keine Presseausweise vorweisen konnten. Als wir demonstrieren wollten, wie man mit einem Schlüssel einen Werbekasten öffnet, wurde uns das von der Polizei ohne Nennung einer validen Rechtsgrundlage verwehrt. Dann haben sich mehrere Polizisten in voller Montur vor die Werbevitrine gestellt, um sie zu beschützen. Zwei Personen sind schließlich geflüchtet, weil sie sich denken konnten, dass das nicht gut ausgeht. Die Beamten haben sie bis in die U-Bahn verfolgt.

Haben sich die Betreiber der Werbevitrinen zum Adbusting ­geäußert?

Jedenfalls nicht uns gegenüber. Sie stehen in regem Austausch mit der Polizei und stellen fleißig Strafanträge. Häufig ist es so, dass sich die Polizei bei den Betreibern meldet, weil sie ein Plakat gefunden hat, das sie kritisiert. Dann fragt sie die Betreiber, wie viel Schaden entstanden sei. Diese sagen unterschiedliche Sachen wie »eigentlich gibt es keinen Schaden« oder »150 Euro pro Plakatschaden« – das ist schon alles vorgekommen.