Der britisch-iranische Sozial­anthropologe Kameel Ahmady wurde in Teheran zu acht Jahren Haft verurteilt

Zu subversiv für das Regime

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Dass Wissenschaftler mit doppelter Staatsbürgerschaft im Iran im Gefängnis landen, ist keine Seltenheit. Das Regime erkennt doppelte Staatsbürgerschaften nicht an. Am Wochenende hat es Kameel Ahmady erwischt. Sein Anwalt Amir Raesian schrieb am Sonntag auf Twitter, die 15. Abteilung des Revolutionsgerichts in Teheran habe den britisch-iranischen Sozialanthropologen am Samstag wegen »Kollaboration mit einer feindlichen Regierung« zu acht Jahren Haft verurteilt.

Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim (der BBC zufolge steht sie den »Hardlinern« des Regimes nahe) wurde Ahmady hingegen zu neun Jahren Haft verurteilt, zudem zu einer Geldstrafe von umgerechnet 600 000 Euro, da er diese Summe für seine Forschung von Institutionen erhalten habe, die das iranische Regime stürzen wollten. Er habe »subversive« Forschungsarbeit betrieben und mit europäischen Botschaften kooperiert, um Homosexualität im Iran zu verbreiten. Außerdem sei er als Reporter für die BBC nach Israel gereist, habe mit ausländischen und feindlichen Medien kooperiert und kommuniziert sowie falsche Berichte über das Land an den UN-Sonderberichterstatter für die Lage der Menschenrechte im Iran geschickt. Reisen nach Israel und Homosexualität sind im Iran verboten.

Ahmady schrieb auf Facebook, das Gerichtsverfahren sei »voller Mängel« gewesen, er werde Berufung einlegen. Ahmady ist Kurde, nach eigenen Angaben wurde er in der Stadt Naghadeh im Nordwesten des Iran geboren und studierte in Großbritannien. Er forscht unter anderem zu Kinderehen und Homosexualität im Iran. 2015 veröffentlichte er eine Studie über weibliche Genitalverstümmelung (female genital mutilation, FGM), die zeigte, dass FGM in mindestens vier iranischen Provinzen praktiziert wurde und weitaus verbreiteter war als angenommen. Er war bereits im August 2019 verhaftet worden, der Deutschen Welle zufolge wurde ihm damals vorgeworfen, mit Institutionen zusammenzuarbeiten, die nach Auffassung des Regimes Verbindungen zu ausländischen Geheimdiensten haben. Im November desselben Jahres kam er auf Kaution frei.

Am Samstag wurde im Iran ein regimekritischer Journalist gehängt. Ruhollah Zam hatte in Paris im Exil gelebt, bevor iranische Revolutionswächter ihn Berichten zufolge 2019 im Irak festnahmen.