»Wie Dreiunddreißig«
Im Mai vergangenen Jahres sah sich die Stadt München veranlasst, das Tragen eines dem »Judenstern« aus der NS-Zeit nachempfundenen gelben Sterns auf Demonstrationen zu verbieten, weitere Städte folgten diesem Beispiel. Zuvor waren auf Fotos und Videoaufnahmen von Demonstrationen der Bewegung »Querdenken« immer wieder Personen zu sehen gewesen, die einen gelben Stern mit schwarzem Rand trugen, mit dem Wort »Impfgegner« oder »ungeimpft« in der Mitte.
Ob der Virologe Christian Drosten auf Aufklebern neben Josef Mengele gestellt wird, ob Querdenker versuchen, die Geschwister Scholl für ihren »Widerstand« zu vereinnahmen, ob ein Neonazi wie Sven Liebich in Halle mit einem Porträt von Anne Frank auf seinem T-Shirt die »Coronadiktatur« anklagt, stets inszenieren sich die Protestierenden als die unschuldigen Opfer eines totalitären Regimes, das sie zu unterdrücken, zu kontrollieren oder gar auszumerzen versuche.
Die mediale Aufmerksamkeit, die den aus allerlei politischen und esoterischen Milieus zusammengewürfelten Demonstrationen zuteil wurde, brachte diese Selbstgleichsetzung mit den Opfern der Shoah in den politischen Tagesdiskurs. Diese besonders bösartige Form der Selbstviktimisierung steht im Zentrum einer Vielzahl äußerst plumper Analogisierungen mit dem Nazismus; ob der Virologe Christian Drosten auf Aufklebern neben Josef Mengele gestellt wird, ob »Querdenker« versuchen, die Geschwister Scholl für ihren »Widerstand« zu vereinnahmen, ob ein Neonazi wie Sven Liebich in Halle mit einem Porträt von Anne Frank auf seinem T-Shirt die »Coronadiktatur« anklagt oder der »Arzt für Aufklärung« Heiko Schöning behauptet, viele fühlten sich an die dreißiger Jahre erinnert, stets inszenieren sich die Protestierenden als die unschuldigen Opfer eines totalitären Regimes, das sie zu unterdrücken, zu kontrollieren oder gar auszumerzen versuche.
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