Über den Missbrauch des Judensterns in der Bewegung Querdenken und in der AfD

»Wie Dreiunddreißig«

In schrillen Inszenierungen stilisiert sich die Bewegung »Querdenken« als Opfer einer vermeintlichen faschistischen Gewaltherrschaft. Das Tragen des »Judensterns« dient dabei der Selbstviktimisierung und der Holocaustrelativierung. Eine gleichartige, wenn auch im Tonfall subtilere Diskursstrategie verfolgt die AfD, um sich als Partei des Widerstands darzustellen. Diese Narrative sind weder neu noch originär der Rechten zuzuordnen. Der Faschismusbegriff der Achtundsechziger und nicht zuletzt die antisemitische Ideologie der RAF bedienten sich derselben Muster.

Im Mai vergangenen Jahres sah sich die Stadt München veranlasst, das Tragen eines dem »Judenstern« aus der NS-Zeit nachempfundenen gelben Sterns auf Demonstrationen zu verbieten, weitere Städte folgten diesem Beispiel. Zuvor waren auf Fotos und Videoaufnahmen von Demonstrationen der Bewegung »Querdenken« immer wieder Personen zu sehen gewesen, die einen gelben Stern mit schwarzem Rand trugen, mit dem Wort »Impfgegner« oder »ungeimpft« in der Mitte.

Ob der Virologe Christian Drosten auf Aufklebern neben Josef Mengele gestellt wird, ob Querdenker versuchen, die Geschwister Scholl für ihren »Widerstand« zu vereinnahmen, ob ein Neonazi wie Sven Liebich in Halle mit einem Porträt von Anne Frank auf seinem T-Shirt die »Coronadiktatur« anklagt, stets inszenieren sich die Protestierenden als die unschuldigen Opfer eines totalitären Regimes, das sie zu unterdrücken, zu kontrollieren oder gar auszumerzen versuche.

Die mediale Aufmerksamkeit, die den aus allerlei politischen und eso­terischen Milieus zusammengewürfelten Demonstrationen zuteil wurde, brachte diese Selbstgleichsetzung mit den Opfern der Shoah in den politischen Tagesdiskurs. Diese besonders bösartige Form der Selbstviktimisierung steht im Zentrum einer Vielzahl äußerst plumper Analogisierungen mit dem Nazismus; ob der Virologe Christian Drosten auf Aufklebern neben Josef Mengele gestellt wird, ob »Querdenker« versuchen, die Geschwister Scholl für ihren »Widerstand« zu vereinnahmen, ob ein Neonazi wie Sven Liebich in Halle mit einem Porträt von Anne Frank auf seinem T-Shirt die »Coronadiktatur« anklagt oder der »Arzt für Aufklärung« Heiko Schöning behauptet, viele fühlten sich an die dreißiger Jahre erinnert, stets inszenieren sich die Protestierenden als die unschuldigen Opfer eines totalitären Regimes, das sie zu unterdrücken, zu kontrollieren oder gar auszumerzen versuche.

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